Rz. 1262

 

§ 14 RVG – Rahmengebühren

(1)

1Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen.

2Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden.

3Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen.

4Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2)

1Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung.

2Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

 

Rz. 1263

Die Geschäftsgebühr ist eine Rahmengebühr (0,5–2,5). Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig (und damit überdurchschnittlich) war (Nr. 2300 VV-RVG).[1148] Wird eine Erhöhung über die Regelgebühr von 1,3 hinaus gefordert, ist dieses vom Anwalt nachvollziehbar zu begründen.

 

Rz. 1264

Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3 (= Regelgebühr für durchschnittliche Fälle) auf eine 1,5-fache Gebühr ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Toleranzrechtsprechung bis zur Überschreitung von 20 % der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühr (1,3) entzogen.[1149]

 

Rz. 1265

Ein etwaiges Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer ist kostenlos zu erstellen (§ 14 Abs. 2 S. 2 RVG).[1150]

 

Rz. 1266

Wichtige Aspekte fasst der BGH[1151] wie folgt zusammen:

Zitat

"Mit Blick auf die Rahmengebühr nach Nr. 2300 VV RVG besteht das aus § 14 Abs. 1 RVG folgende Bestimmungsrecht des Rechtsanwalts nicht unbeschränkt. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann er nur fordern, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist von dem Rechtsanwalt darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen. Erst dann besteht das Bestimmungsrecht unter Ausschöpfung des ganzen Gebührenrahmens, dessen Ausübung einer vollen gerichtlichen Nachprüfung entzogen ist.[1152]"

Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der getroffenen Bestimmung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG der ersatzpflichtige Dritte.[1153]

Der auf Ersatz in Anspruch genommene Dritte muss auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes die Unbilligkeit der Gebührenhöhe geltend machen. Dass er die Tatsachen, aus denen die Unbilligkeit folgt, darlegen und beweisen muss, ergibt sich nunmehr aus der Formulierung von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG ("... nicht verbindlich, wenn ..."). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dem Dritten die für die Bestimmung der Gebühr maßgeblichen Umstände häufig nicht vollständig zur Kenntnis gelangen. Selbst der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit wird ihm regelmäßig nur insoweit bekannt, als diese nach außen gerichtet ist. Seinen Gegner trifft daher eine sekundäre Darlegungslast. Diese entsteht allerdings erst dann, wenn der Dritte die Unbilligkeit der getroffenen Bestimmung geltend gemacht und den ihm möglichen Tatsachenvortrag gehalten hat.“

[1148] BGH v. 17.11.2015 – VI ZR 493/14 – openJur 2015, 21334; BGH v. 17.11.2015 – VI ZR 492/14 – AnwBl 2016, 173 = GRUR 2016, 318 = MDR 2016, 110 = NJW 2016, 1245 = openJur 2015, 21347 = VersR 2016, 412; BGH v. 27.5.2014 – VI ZR 279/13 – NJW 2014, 3097 = VersR 2014, 894; BGH v. 13.11.2013 – X ZR 171/12 – AnwBl 2014, 273 = GRUR 2014, 206 = MDR 2014, 184 (Von einem überdurchschnittlichen Umfang oder einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Tätigkeit eines Rechtsanwalts, die eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 rechtfertige, könne auch bei einer Gebrauchsmuster- oder Gemeinschaftsgeschmacksmustersache nicht pauschal ausgegangen werden. Dies gelte insbesondere, wenn weder die Schutzfähigkeit in Ansehung des Standes der Technik bzw. vorbekannter Gestaltungen zu beurteilen sei noch im Zusammenhang mit der geltend gemachten Verletzung aufwendige Prüfungen erforderlich gewesen seien.); BGH v. 26.3.2013 – VI ZB 53/12 – ags 2013, 282 = AnwBl 2013, 555 = BeckRS 2013, 08690 = jurisPR-VerkR 14/2013 Anm. 1 (Anm. Nugel) = MDR 2013, 816 = NJW 2013, 2123 = SP 2013, 266 = VersR 2013, 921; BGH v. 5.2.2013 – VI ZR 195/12 – AnwBl 2013, 295 = DAR 2013, 238 = NJW 2013, 2441 = NJW-RR 2013, 1020 = NJW-Spezial 2013, 169 = zfs 2013, 288 (Rn 7) (Soweit dem Urteil des erkennenden Senats vom 8.5.2012 – VI ZR 273/11 – VersR 2012, 1056 [Rn 4 f.] etwas Abweichendes zu entnehmen sein sollte, wird daran nicht festgehalten); BGH v. 11.7.2012 – VIII ZR 323/11 – AnwBl 2012, 775 = DAR 2012, 552 = jurisPR-VerkR 23/2012 Anm. 1 (Anm. Nugel) = MDR 2012, 1127 = NJW 2012, 2813 = NJW-Spezial 2012, 541 = NZV 2012, 53...

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