Rz. 711

 

§ 117 SGB X – Schadenersatzansprüche mehrerer Leistungsträger

1Haben im Einzelfall mehrere Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist in den Fällen des § 116 Absätze 2 und 3 der übergegangene Anspruch auf Ersatz des Schadens begrenzt, sind die Leistungsträger Gesamtgläubiger.

2Untereinander sind sie im Verhältnis der von ihnen erbrachten Sozialleistungen zum Ausgleich verpflichtet.

3Soweit jedoch eine Sozialleistung allein von einem Leistungsträger erbracht ist, steht der Ersatzanspruch im Innenverhältnis nur diesem zu.

4Die Leistungsträger können ein anderes Ausgleichsverhältnis vereinbaren.

 

Rz. 712

 

§ 428 BGB – Gesamtgläubiger

1Sind mehrere eine Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, dass jeder die ganze Leistung fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken verpflichtet ist (Gesamtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten.

2Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger bereits Klage auf die Leistung erhoben hat.

 

§ 430 BGB – Ausgleichungspflicht der Gesamtgläubiger

Die Gesamtgläubiger sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

 

Rz. 713

Sind Drittleistungsträger im Verhältnis zum Ersatzpflichtigen Gesamtgläubiger,[578] ist im Außenverhältnis (zum Ersatzpflichtigen) jeder einzelne Leistungsträger berechtigt, den gesamten (kongruenten) Anspruch ungekürzt bis zur Höhe seiner Aufwendungen (auch klageweise) geltend zu machen (§ 428 BGB).[579] Im Innenverhältnis (zu weiteren Drittleistungsträgern) muss dann zwischen den Leistungsträgern ein Ausgleich entsprechend dem Verhältnis ihrer Leistungen erfolgen (§ 430 BGB).

[578] Zu Einzelheiten einer Gesamtgläubigerschaft siehe BGH v. 4.3.1986 – VI ZR 234/84 – BG 1986, 756 = DAR 1986, 267 (nur Ls.) = MDR 1986, 746 = NJW 1986, 1861 = NJW-RR 1986, 902 = r+s 1986, 182 = VersR 1986, 810 = zfs 1986, 267 (nur Ls.) (BG und DRV beim Unterhaltsschaden); BGH v. 17.5.1979 – III ZR 176/77 – BG 1979, 743 = DOK 1980, 805 (nur Ls.) = MDR 1979, 1002 = NJW 1979, 2039 = r+s 1979, 216 (nur Ls.) = VersR 1979, 741 = VRS 58, 84 (RVT und BG).
[579] BGH v. 23.9.1986 – VI ZR 46/85 – VersR 1987, 156 (zu III. 3.); BGH v. 17.5.1979 – III ZR 176/77 – BG 1979, 743 = DOK 1980, 805 (nur Ls.) = MDR 1979, 1002 = NJW 1979, 2039 = r+s 1979, 216 (nur Ls.) = VersR 1979, 741 = VRS 58, 84. Das gilt auch, wenn von einem weiteren Gesamtgläubiger Fristen (z.B. nach dem NTS) versäumt wurden (BGH v. 17.5.1979 – III ZR 176/77 – BG 1979, 743 = DOK 1980, 805 [nur Ls.] = MDR 1979, 1002 = NJW 1979, 2039 = r+s 1979, 216 (nur Ls.) = VersR 1979, 741 = VRS 58, 84).

aa) Abgrenzung

 

Rz. 714

Erbringen mehrere Drittleistungsträger gleichartige Leistungen an einen Geschädigten, sind sie gegenüber dem Ersatzpflichtigen bei ihrer Regressnahme Gesamtgläubiger. Nur soweit Leistungen lediglich von einem Drittleistungsträger erbracht werden, besteht dann insoweit Einzelgläubigerschaft.

 

Rz. 715

Für die Forderungsberechtigung kommt es immer nur auf den "wirklich Berechtigten"[580] an. Ist fraglich, wer von mehreren Drittleistungsträger im Verhältnis zu seinem Versicherten der letztlich verpflichtete Leistungsträger ist, besteht keine Gesamtgläubigerschaft mit den anderen ebenfalls für Einstandspflicht in Frage kommenden Drittleistungsträgern. Forderungsberechtigt ist nur derjenige, dessen Leistungspflicht feststeht.[581]

 

Rz. 716

Während sich zu § 640 RVO die Frage einer Gesamtgläubigerschaft nicht stellte sind nach § 110 SGB VII ersatzberechtigte Sozialversicherer sind als Gesamtgläubiger zu behandeln.[582] Das gilt auch, wenn der Regress nach § 110 SGB VII mit einem Anspruch aus § 116 SGB X parallel läuft (z.B. bei Kollision mehrerer Fahrzeuge, bei denen dann teilweise Privilegierungen nach SGB VII greifen).[583]

[580] Dazu Jahnke/Burmann-Jahnke/Burmann, Handbuch des Personenschadensrechts, 1. Aufl. 2016, Kap. 5 Rn 3112 ff., 3278 ff.
[581] BGH v. 14.2.1989 – VI ZR 244/88 – BGHZ 106, 381 = HVBG-Info 1989, 2201 = MDR 1989, 626 = NJW 1989, 2622 = NJW-RR 1989, 1299 = NZV 1989, 268 = VersR 1989, 648 = zfs 1989, 262 hatte einen Fall zu beurteilen, in dem die beteiligten SVT jeweils lediglich Inhaber eines bestimmten Teils des der Geschädigten zustehenden Schadenersatzforderung geworden waren; sie konnten daher bzgl. dieser Forderung nicht miteinander konkurrieren. BGH v. 5.5.2009 – VI ZR 208/08 – BGHReport 2009, 877 = DAR 2009, 456 = jurisPR-VerkR 17/2009, Anm. 2 (Anm. Lang) = MDR 2009, 864 = r+s 2009, 302 = SP 2009, 286 = VersR 2009, 203 = VRS 116, 435 = zfs 2009, 497 (Abfindungsvergleich mit RVT bei eventueller Zuständigkeit mehrerer SVT).
[582] Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl. 2012, § 2 Rn 820 ff.; Jahnke/Burmann-Jahnke/Burmann, Handbuch des Personenschadensrechts, 1. Aufl. 2016, Kap. 5 Rn 3929; Lemcke/Heß, Der Regreß des Sozialversicherers nach § 110 SGB VII, r+s 2007, 221 (228, zu II.).
[583] Siehe auch Vatter, Der Regress der Sozialversicherungsträger gemäß § 110 SGB VII in den Fällen der Entsperrung der Haftun...

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