Rz. 924
Im Anschluss an einen Vorbehaltsvergleich kann die 3-jährige Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB (früher § 852 BGB a.F.) erneut zu laufen beginnen.
Rz. 925
Das zum 1.1.2002 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechtes sieht zwar erhebliche Änderungen im Recht der Verjährung vor, letztlich ist es anlässlich der Novellierung des Verjährungsrechtes aber grundsätzlich bei der zu § 852 BGB a.F. entwickelten Rechtslage verblieben.
aa) Vorbehalt in der Abfindungserklärung
Rz. 926
Hinweis
Siehe im Einzelnen § 5 Rdn 767 ff.
Rz. 927
Der Abfindungsvergleich beendet (spätestens) die Verjährungshemmung, die mit der Anmeldung von Ersatzansprüchen nach § 115 Abs. 2 S. 3 VVG (§ 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F.) begonnen hatte. Der Schadenersatzanspruch kann also 3 Jahre nach Zahlung des Vergleichsbetrages trotz der Vorbehaltsabfindungserklärung verjähren.
Rz. 928
Akzeptiert der Ersatzpflichtige (bzw. dessen Haftpflichtversicherer) in einer Abfindungserklärung des Geschädigten einen auf den materiellen Zukunftsschaden gerichteten Vorbehalt, stellt die Teilabfindung nur ein Anerkenntnis i.S.v. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB dar mit der Konsequenz, dass die Verjährungsfrist nach Ende der Hemmung unterbrochen wird und eine neue 3-jährige Frist ab Vergleichsschluss zu laufen beginnt.
bb) Verjährungsverzicht
Rz. 929
Rz. 930
Die Erklärung gegenüber einem Ersatzberechtigten, man "verzichte auf die Einrede der Verjährung wie bei einem Anerkenntnisurteil", ist im Zweifel als vertragliche Ersetzung eines Feststellungsurteils zu werten.[800]
Rz. 931
Wird ein Verjährungsverzicht abgegeben, sollte diese Erklärung allerdings auch nicht weitergehen als der Verletzte mit einem Feststellungsurteil[801] erreichen würde.[802] Beispielsweise gilt für regelmäßig wiederkehrende, erst künftig fällig werdende Leistungen (u.a. Verdienstausfall) auch nach einem Feststellungsurteil eine 3-jährige Verjährungsfrist ab jeweiliger Fälligkeit (siehe § 5 Rdn 168, 174 f., 641).
Rz. 932
Ein unbegrenzter Verjährungsverzicht verbietet sich rechtlich und sollte weder verlangt noch abgegeben werden, da ein solcher Verzicht in einem Gerichtsverfahren nicht zu erhalten wäre und dem Fordernden mehr gäbe als ein Urteil (siehe § 197 Abs. 2 BGB).[803] § 202 Abs. 2 BGB zieht bei "unbegrenzten" Verzichten eine absolute Grenze mit 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn (siehe auch § 5 Rdn 241).
cc) Feststellungsinteresse
Rz. 933
Rz. 934
Das Rechtsschutzinteresse für eine Feststellungsklage fehlt zwar nicht, weil der Ersatzpflichtige für längere Zeit einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung abgegeben hat.[804]
Rz. 935
Das Feststellungsinteresse entfällt jedoch, wenn die mit einer Feststellungsklage erzielbaren Rechtswirkungen auch durch ein außergerichtliches Anerkenntnis des Ersatzpflichtigen herbeigeführt werden[805] (siehe auch Rdn 938). Mit einem Anerkenntnis, das die Wirkung eines Feststellungsurteils nur teilweise erreicht ("Hinsichtlich der Verjährung[806] wird der Verletzte so gestellt, als habe er heute ein rechtskräftiges Feststellungsurteil erstritten."), muss sich ein Ersatzberechtigter dagegen nicht zufrieden geben.[807]
Rz. 936
Beschränkt der Haftpflichtversicherer seine Eintrittspflicht auf seine versicherungsvertragliche Einstandspflicht (z.B. "Eintrittspflicht im Rahmen des bestehenden Krafthaftpflichtvertrages"), liegt darin keine zur Feststellungsklage berechtigende Einschränkung der Rechtsposition des Geschädigten.[808]
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