Rz. 764

 

Hinweis

Siehe zur Sorgfalt im Prozess § 3 Rdn 219 ff.

 

Rz. 765

Soweit der Geschädigte Vermögenseinbußen (wie Mindereinkommen, Fortfall privatärztlicher Versorgung) erleidet, ist ein Schadenersatzanspruch gegenüber seinem Rechtsberater wegen Verletzung der Beratungspflichten (pVV des Mandatsvertrages) denkbar.[662] Anwaltliche Kenntnisse[663] haben sich auch auf das (gerade bei der Personenschadenregulierung wichtige) Zessionsrecht zu erstrecken.

 

Rz. 766

Zwar muss der Mandant ein Beratungsverschulden des Anwalts beweisen, doch erübrigt sich jede – weitere – Beweisführung, wenn Beratungsfehler des Anwalts nach dessen gesamtem Vorgehen in dieser Angelegenheit offensichtlich sind.[664]

 

Rz. 767

Den beim Vergleichsabschluss mitwirkenden Anwalt trifft eine Beratungspflicht,[665] die ihm auch vom Gericht nicht abgenommen wird.[666] Die (rechtlich oder tatsächlich falsche) Vergleichsempfehlung des angerufenen rechtfertigt allein keine anwaltliche Empfehlung zu dessen Abschluss;[667] für eine Fehleinschätzung des Gerichts kann der Rechtsanwalt u.U. haftbar sein (siehe Rdn 239 ff.). Zu beachten ist aber, dass eine richterliche Empfehlung bei der anwaltlichen Beratung über die Vor- und Nachteile des beabsichtigten Vergleichs und die Abwägung des Für und Wider einen wichtigen Faktor bildet.[668]

 

Rz. 768

Durch die Erteilung der Deckungszusage trifft den Rechtsschutzversicherer kein Mitverschulden an ­einem durch eine fehlerhafte Mandatsbearbeitung entstandenen Schaden.[669] Die vertraglichen Pflichten eines Anwaltes sind nicht dadurch modifiziert, dass die von ihm vertretene Partei rechtsschutzversichert ist.[670]

 

Rz. 769

Es besteht ein Auskunftsanspruch eines Dritten gegenüber der Landesjustizverwaltung oder der Notarkammer hinsichtlich des Namens und der Adresse des Berufshaftpflichtversicherers sowie der Versicherungsnummer nach § 19a Abs. 6 BnotO.[671]

 

Rz. 770

Aus einer anwaltlichen Fehlberatung resultiert kein Schmerzensgeld. Rücksichtnahme auf die ­psychische Befindlichkeit des Mandanten ist zwar Ausdruck sozialer Kompetenz und Verständnisfähigkeit des Anwaltes, nicht aber seine Rechtspflicht. Im Rahmen des Anwaltsvertrages bestehen keine Obhutspflichten für die psychische und geistige Verfassung des Mandanten. Die psychische Fehlverarbeitung fehlerhafter Auskünfte ist grundsätzlich dem Empfänger überantwortet, jedenfalls so­weit es allein Risiken und Bedrohungen in Bezug auf die eigene Vermögenslage betrifft.[672] Belastungen hieraus sind dem allgemeinen Lebensrisiko zugewiesen. Erteilt ein Rechtsanwalt im Rahmen seiner ­Beratungstätigkeit eine falsche Auskunft (z.B. zu Haftung oder Höhe der Ansprüche) und führt die­ses zu Angstzuständen beim Mandanten, hat letzterer keinen Schmerzensgeldanspruch gegen seinen ­Berater.[673]

[662] Siehe LAG Schleswig-Holstein v. 18.7.2006 – 2 Sa 155/06 – NZA-RR 2006, 568 (BAG hat der Nichtzulassungsbeschwerde nicht abgeholfen, Beschl. v. 18.10.2006 – 5 AZN 737/06 –).
[663] Dazu grundlegend BGH Urt. v. 22.9.2005 – IX ZR 23/04, jurisPR-BGHZivilR 51/2005 Anm. 4 (Anm. Ebert) = NJW 2006, 501.
[664] OLG Köln v. 22.3.1995 – 11 U 184/94 – NJW-RR 1995, 1529 = OLGR Köln 1995, 283 = VersR 1995, 1315.
[665] BGH v. 8.11.2001 – IX ZR 64/01 – BRAK-Mitt 2002, 22 = NJW 2002, 292 = NZV 2002, 114 = WM 2001, 2455; BGH v. 13.4.2000 – IX ZR 372/98 – VersR 2001, 641; BGH v. 16.11.1982 – VI ZR 58/82 – VersR 1983, 86 (Vorinstanz: OLG Koblenz v. 29.1.1982 – 8 U 408/81 – VersR 1983, 450); OLG Nürnberg v. 1.7.1999 – 2 U 531/99 – NZV 2000, 507 = r+s 2000, 459 = VersR 2001, 982 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 11.4.2000 – VI ZR 427/99 –).
[666] BGH v. 11.4.2013 – IX ZR 94/10 – AnwBl 2013, 553 = DB 2013, 1484 = MDR 2013, 843 = NJW 2013, 2036 = VersR 2013, 1312 = WM 2013, 1426; BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 181/99 – BGHReport 2003, 729 = BRAK-Mitt 2003, 120 (nur Ls.) (Anm. Jungk) = FamRZ 2003, 838 (Anm. Borgmann) = JuS 2003, 921 (nur Ls.) = MDR 2003, 742 = NJW-RR 2003, 850 (Betreibt ein Rechtsanwalt eine Ehescheidungsklage für einen Mandanten, obwohl dieser erkennbar keine wirksame Ehe geschlossen hatte, wird die Haftung des Anwalts für die Schäden, die dem Mandanten aus der Scheidung erwachsen, regelmäßig nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass auch das Familiengericht das Vorliegen einer Nichtehe hätte erkennen und deswegen die Scheidungsklage hätte abweisen müssen); OLG Düsseldorf v. 27.11.1991 – 15 U 191/90 – zfs 1992, 334; OLG Frankfurt v. 12.1.1988 – 14 U 178/86 – NJW 1988, 3269; OLG Saarbrücken v. 18.7.2001 – 1 U 795/00–175 – OLGR 2001, 437 = VersR 2002, 1378. OLG Düsseldorf v. 26.1.2005 – I-18 U 120/04 – BRAK-Mitt (Anm. Chab) (Im Prozess ist die Rechtsanwendung Aufgabe des Gerichts. Deshalb muss der Anwalt vorrangig dafür sorgen, dass alle entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen werden. Nur wenn das Gericht eine für den Mandanten erkennbar ungünstige Rechtsansicht vertritt, hat der Anwalt auch die Pflicht, das Gericht mit rechtlicher Argumentation zu einer anderen Auffassung zu bewegen. Eine E...

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