Rz. 635

Schließt der Vormund einen Abfindungsvergleich oder einen die weitere Abwicklung regelnden Vertrag (z.B. Vereinbarung einer Haftungsquote, Rentenvergleich) ohne die erforderliche Genehmigung des Familien-/Betreuungsgerichts, bedarf der Vertrag zu seiner Wirksamkeit der nachträglichen Genehmigung des Familien-/Betreuungsgerichts (§ 1829 Abs. 1 S. 1 BGB).

 

Rz. 636

 

§ 184 BGB – Rückwirkung der Genehmigung

(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.
(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.
 

§ 1828 BGB – Erklärung der Genehmigung

Das Familiengericht kann die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft nur dem Vormund gegenüber erklären.

 

§ 1829 BGB – Nachträgliche Genehmigung

(1)

1Schließt der Vormund einen Vertrag ohne die erforderliche Genehmigung des Familiengerichts, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der nachträglichen Genehmigung des Familienge­richts ab.

2Die Genehmigung sowie deren Verweigerung wird dem anderen Teil gegenüber erst wirksam, wenn sie ihm durch den Vormund mitgeteilt wird.

(2) Fordert der andere Teil den Vormund zur Mitteilung darüber auf, ob die Genehmigung erteilt sei, so kann die Mitteilung der Genehmigung nur bis zum Ablauf von 4 Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erfolgen; erfolgt sie nicht, so gilt die Genehmigung als verweigert.
(3) Ist der Mündel volljährig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Familiengerichts.
 

Rz. 637

Nicht selten kennen die Vertragsparten, deren Anwälte – aber auch Gerichte – die Beschränkungen und Formalien des Genehmigungsverfahrens nicht. Für die nachträgliche Genehmigung eines Vergleiches durch das Familien-/Betreuungsgericht ist der gesetzlich vorgeschriebene Verfahrensgang zu beachten (§§ 1828, 1829 BGB):[528]

 

Rz. 638

Abbildung 2.5: Familien-/betreuungsgerichtliche Genehmigung (Verfahren)

 

Rz. 639

Seine Genehmigung kann das Familien-/Betreuungsgericht ausschließlich dem Vormund gegenüber erklären (§ 1828 BGB). Der Vormund muss dem Schadenersatzschuldner (Haftpflichtversicherer) die ihm (dem Vormund, § 1828 BGB) erteilte Genehmigung des Familien-/Betreuungsgerichtes (formlos) mitteilen und dadurch verdeutlichen, dass er die Entscheidung des Familien-/Betreuungsgerichtes als endgültig erachtet; diese Mitteilung nach § 1829 BGB ist unverzichtbar und Wirksamkeitsbestandteil.[529] Die ursprüngliche (mangels gerichtlicher Genehmigung unwirksame) Erklärung reicht nicht; der Vormund muss vielmehr erneut nach Zustimmung des Familien-/Betreuungsgerichtes deutlich machen, dass auch er dem Vergleich zustimmt.[530]

 

Rz. 640

Diese Regelungen für den Vormund gelten auch für Betreuer und Pfleger.

[528] Wenzel-Jahnke, Arzthaftungsprozess, 1. Aufl. 2012, Kap. 2 Rn 3060.
[529] Zu Einzelheiten siehe Palandt-Götz, 76. Aufl. 2017, § 1828 BGB Rn 4 ff., § 1829 BGB Rn 3 ff.
[530] Siehe Meiendresch/Heinke, Der Abfindungsvergleich mit einem Betreuten, r+s 1998, 485.

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