Rz. 516

 

Hinweis

Zum Verfahren siehe Rdn 635 ff.

 

Rz. 517

 

§ 1643 BGB – Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte

(1) Zu Rechtsgeschäften für das Kind bedürfen die Eltern der Genehmigung des Familiengerichts in den Fällen, in denen nach § 1821 und nach § 1822 Nr. 1, 3, 5, 8 bis 11 ein Vormund der Genehmigung bedarf.
(2)

1Das Gleiche gilt für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses sowie für den Verzicht auf einen Pflichtteil.

2Tritt der Anfall an das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils ein, der das Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil vertritt, so ist die Genehmigung nur erforderlich, wenn dieser neben dem Kind berufen war.

(3) Die Vorschriften der §§ 1825, 1828 bis 1831 sind entsprechend anzuwenden.
 

§ 1822 BGB – Genehmigung für sonstige Geschäfte

Der Vormund bedarf der Genehmigung des Familiengerichts:

1. zu einem Rechtsgeschäft, durch das der Mündel zu einer Verfügung über sein Vermögen im Ganzen oder über eine ihm angefallene Erbschaft oder über seinen künftigen gesetzlichen Erbteil oder seinen künftigen Pflichtteil verpflichtet wird, sowie zu einer Verfügung über den Anteil des Mündels an einer Erbschaft,
2. zur Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses, zum Verzicht auf einen Pflichtteil sowie zu einem Erbteilungsvertrag,
3. zu einem Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, sowie zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird,
4. zu einem Pachtvertrag über ein Landgut oder einen gewerblichen Betrieb,
5. zu einem Miet- oder Pachtvertrag oder einem anderen Vertrag, durch den der Mündel zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, wenn das Vertragsverhältnis länger als ein Jahr nach dem Eintritt der Volljährigkeit des Mündels fortdauern soll,
6. zu einem Lehrvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird,
7. zu einem auf die Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gerichteten Vertrag, wenn der Mündel zu persönlichen Leistungen für längere Zeit als ein Jahr verpflichtet werden soll,
8. zur Aufnahme von Geld auf den Kredit des Mündels,
9. zur Ausstellung einer Schuldverschreibung auf den Inhaber oder zur Eingehung einer Verbindlichkeit aus einem Wechsel oder einem anderen Papier, das durch Indossament übertragen werden kann,
10. zur Übernahme einer fremden Verbindlichkeit, insbesondere zur Eingehung einer Bürgschaft,
11. zur Erteilung einer Prokura,
12. zu einem Vergleich oder einem Schiedsvertrag, es sei denn, dass der Gegenstand des Streites oder der Ungewissheit in Geld schätzbar ist und den Wert von 3.000 EUR nicht übersteigt oder der Vergleich einem schriftlichen oder protokollierten gerichtlichen Vergleichsvorschlag entspricht,
13. zu einem Rechtsgeschäft, durch das die für eine Forderung des Mündels bestehende Sicherheit aufgehoben oder gemindert oder die Verpflichtung dazu begründet wird.
 

Rz. 518

Grundsätzlich hat der Inhaber der elterlichen Sorge bei Verfügungen über den Ersatzanspruch (insbesondere Abschluss eines Abfindungsvergleiches) nicht eine familien-/betreuungsgerichtliche (früher Vormundschaftsgericht[454]) Genehmigung einzuholen:[455] Die Eltern sind in § 1643 BGB freier als ein Vormund gestellt. Die Enumeration des § 1643 Abs. 1 BGB verweist nicht auf § 1822 Nr. 12 BGB.

 

Rz. 519

§ 1822 Nr. 1 BGB, auf den § 1643 Abs. 1 BGB allerdings verweist, erfasst zwar die Verfügung über das Vermögen im Ganzen (vgl. § 311 BGB). Nicht ausreichend ist dabei aber, dass sich der Verpflichtungswille nur auf Einzelvermögensstücke (konkret in diesem Zusammenhang: Schadenersatzforderung gegen einen Schädiger) bezieht, auch wenn diese de facto letztlich das ganze Vermögen darstellen.[456] Zudem ist das bloße künftige Schadenersatzbegehren, auf welches dann mit einer Abfindungserklärung verzichtet wird, noch gar nicht im Vermögen des Betroffenen.

 

Rz. 520

Manche Familiengerichte[457] stellen für die Genehmigungspflicht bei Regulierung durch einen Haftpflichtversicherer darauf ab, ob ausreichende versicherungsvertragliche Deckung besteht. Der Pflichtversicherer ist bei intaktem im Verhältnis der Gesamtschuldner zueinander allein verpflichtet (§ 116 Abs. 1 VVG). Hat der Versicherer aber Rückgriffsmöglichkeiten gegen Fahrer/Halter, liegt ein Interessenkonflikt vor; ein Abfindungsvergleich unterliegt dann der familiengerichtlichen Genehmigungspflicht. Bleibt die Versicherung jedoch auch gegenüber Fahrer/Halter verpflichtet, besteht kein Interessenkonflikt; die Eltern sind bei Vergleichsabschluss nicht von der gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen und es bedarf keiner gerichtlichen Genehmigung des Vergleiches. Für den letzteren Fall wird dann ein Negativattest ausgestellt.

[454] Seit dem Inkrafttreten des FamFG zum 1.1.2009 (Art. 112 I FGG-RG) ist anstelle des zuvor zuständigen Vormundschaftsgerichtes das Betreuungsgericht für Betreuungsangelegenheiten Volljähriger das berufene Gericht, während die Zuständigkeiten für Angelegenheiten Mind...

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