Rz. 306

Der Sorgfaltsmaßstab des Erfüllungsgehilfen richtet sich grundsätzlich nach der Stellung des Schuldners[244] (und damit nach den rechtlichen Aspekten, die für das Kind, an dieser Stelle dessen Schuld- und Deliktsfähigkeit unterstellt, gelten): Ob der Erfüllungsgehilfe sich also schuldhaft verhalten hat, richtet sich nach dem Verschuldensmaßstab, der für den Schuldner (= Kind) gilt, denn dieser hat das Verschulden des Erfüllungsgehilfen in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes.[245]

 

Rz. 307

Verschulden des Erfüllungsgehilfen ist damit anzunehmen, wenn dieser vorsätzlich handelt oder die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Es gilt in diesem Kontext (zugunsten der Eltern[246]) als Verantwortungsmaßstab gegenüber dem Dritten (Schadenersatzschuldner) nicht der geringere Maßstab des § 1664 BGB[247] (diligentia quam in suis, § 277 BGB; siehe auch dazu Rdn 343 ff.), sondern § 276 BGB und damit eine Anspruchskürzung auch bei einfacher Fahrlässigkeit.

 

Rz. 308

Soweit für den Schuldner (Schuldner ist das Kind, nicht sein Erfüllungsgehilfe bzw. gesetzlicher Vertreter) ein strengerer oder milderer Verschuldensmaßstab (z.B. beim Sportunfall) gilt, ist dieser auch für die Beurteilung des Verhaltens des Erfüllungsgehilfen/gesetzlichen Vertreters als schuldhaft maßgebend.[248]

 

Rz. 309

Für die Zurechnungsfähigkeit (§ 827 BGB)[249] kommt es auf die Person des Erfüllungsgehilfen/gesetzlichen Vertreters an.[250] Haftet der Erfüllungsgehilfe persönlich für einen in Trunkenheit angerichteten Schaden aufgrund des § 827 S. 2 BGB (actio libera in causa), haftet derjenige, der sich des Trunkenen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit bediente, nach §§ 278, 276 Abs. 1 S. 2 BGB.[251]

[244] Herberger/Martinek/Rüßmann-Alpmann, jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 278 BGB Rn 50.
[245] Staudinger-Caspers, Neubearbeitung 2014, § 278 BGB Rn 62.
[246] § 1664 BGB gilt wegen des Ausnahmecharakters dieser Norm nicht für andere Personen (z.B. Großeltern) (BGH v. 17.10.1995 – VI ZR 358/94 – FamRZ 1996, 155 = JZ 1996, 367 = MDR 1996, 68 = NJW 1996, 53 = NZV 1996, 64 = VersR 1996, 81 = VRS 90, 335); OLG Koblenz v. 25.2.2015 – 12 W 753/14 – BeckRS 2015, 06558; OLG Köln v. 13.8.2015 – I-8 U 67/14 – r+s 2015, 569.
[247] § 1664 BGB enthält Pflichten der Eltern, nicht aber des Kindes. Wenn nach § 278 BGB der Schuldner (also das Kind) ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters wie eigenes Verschulden zu vertreten hat, ist auf das deliktsfähige Kind abzustellen.
[248] BGH v. 15.12.1959 – VI ZR 222/58 – BGHZ 31, 358 = NJW 1960, 669; Staudinger-Caspers, Neubearbeitung 2014, § 278 BGB Rn 62.
[249] Zur Haftung nach § 829 BGB siehe BGH v. 29.11.2016 – VI ZR 606/15 – DAR 2017, 137 = MDR 2017, 397 = NJW-Spezial 2017, 105 = r+s 2017, 160 = VersR 2017, 296.
[250] OLG Düsseldorf v. 7.4.1995 – 3 Wx 472/94 – NJW-RR 1995, 1165; Palandt-Grüneberg, 76. Aufl. 2017, § 254 BGB Rn 27.
[251] BGH v 21.3.1956 – V ZR 224/54 – BeckRS 1956, 31202737 = VersR 1956, 307; Staudinger-Caspers, Neubearbeitung 2014, § 278 BGB § 278 BGB Rn 69.

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