aa) Volljährigkeit

 

Rz. 538

 

§ 2 BGB – Eintritt der Volljährigkeit

Die Volljährigkeit tritt mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

 

Rz. 539

 

Art. 1 Konvention über die Rechte des Kindes – Geltung für das Kind; Begriffsbestimmung

Im Sinne dieses Übereinkommens ist ein Kind jeder Mensch, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soweit die Volljährigkeit nach dem auf das Kind anzuwendenden Recht nicht früher eintritt.

 

Rz. 540

§ 2 BGB bestimmt seit dem 1.1.1975, dass die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres eintritt. Zuvor galt die Vollendung des 21. Lebensjahres.

 

Rz. 541

Art. 1 UN-Kinderrechtskonvention definiert Menschen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, als minderjährig. § 7 SGB VIII enthält dieselbe Grenze.

 

Rz. 542

Mit Erreichen seiner Volljährigkeit (§ 2 Abs. 1 BGB) trifft das verletzte Kind seine Entscheidungen nunmehr selbst, wenn keine die Geschäftsfähigkeit einschränkenden Umstände (§§ 104 Nr. 2, 105 BGB) vorliegen.

bb) Geschäftsfähigkeit

 

Rz. 543

Geschäftsfähigkeit und Volljährigkeit sind auseinanderzuhalten.

 

Rz. 544

Gerade Personenschäden ziehen sich manchmal über einen längeren Zeitraum hin. Es kann dann vorkommen, dass zwischendurch Volljährigkeit eintritt und damit die Vertretung des Verletzten (gerade bei Verdacht auf fehlende Geschäftsfähigkeit)[473] neu geprüft werden muss.

 

Rz. 545

Da die gesetzliche elterliche Sorge nur gegenüber minderjährigen Kindern gilt (§ 1626 Abs. 1 BGB), ist bei in der Geschäftsfähigkeit eingeschränkten, nunmehr aber volljährigen, Kindern dann für eine Betreuung (§§ 1896–1908k BGB) oder Pflegschaft (§§ 1909–1921 BGB) zu sorgen.

[473] Zur ausreichenden Substantiierung einer behaupteten Geschäftsunfähigkeit siehe BGH v. 14.3.2017 – VI ZR 225/16 – MDR 2017, 783 = VersR 2017, 966.

cc) Schwerverletzung

 

Rz. 546

Bei Schwerverletzten (insbesondere mit Hirnschädigung) muss die Gefahr einer – u.U. latenten – Geschäftsunfähigkeit nach §§ 104 Nr. 2, 105 BGB bedacht werden (dazu Rdn 1066).

 

Rz. 547

Bestehen hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit Bedenken, ist u.U. die Einholung eines ärztlichen (amtsärztlichen) Gutachtens angeraten. Die Erforderlichkeit einer Pflegschaft oder Betreuung ist zu prüfen. Im Zweifel sollte ein Pfleger bzw. Betreuer bestellt werden. Der Pfleger oder Betreuer wirkt beim Vergleichsabschluss mit, das Familien-/Betreuungsgericht muss den Vergleich genehmigen (§§ 1915 Abs. 1, 1822 Nr. 12 BGB).

 

Rz. 548

Prozessual ist die Prozessfähigkeit (§ 52 ZPO) von Amts wegen zu beachten.

 

Rz. 549

Ein mit einem – zumeist unbemerkt – geschäftsunfähig gewordenen Verletzten geschlossener Vergleich ist nichtig. Die Rückabwicklung des Vergleichsvertrages erfolgt nach § 812 BGB mit den daraus folgenden Nachteilen für denjenigen, der an den Geschäftsunfähigen leistete (u.a. Wegfall der Bereicherung, beschränkte Zahlungsfähigkeit, beschränkte Aufrechnungsmöglichkeit; siehe §§ 818 Abs. 3 [dazu Rdn 860 ff.], 394 BGB, § 850b ZPO).

 

Rz. 550

Vorsicht ist auch bei Abtretung von Schadenersatzforderungen (z.B. an Eltern) angesagt. Es handelt sich um einen Vertrag, der bei Geschäftsunfähigkeit einer Partei nichtig ist.

 

Rz. 551

Im Zweifel ist auch die dem Anwalt erteilte Vollmacht nichtig. Als problematisch kann sich dann mit Blick auf die Verjährung auch eine wirksame Anmeldung und Ablehnung des Schadenersatzanspruches erweisen: Die Anmeldung von Ersatzansprüchen ist eine rechtsgeschäftliche Handlung, und nicht nur rein tatsächliches Verhalten.

 

Rz. 552

Im Zweifel sollte eine Abfindungserklärung vom Bevollmächtigten (Rechtsanwalt) mit unterzeichnet werden, da dessen Vollmacht zu einem anderem als dem Unterzeichnungszeitpunkt rechtlich wirksam zustande gekommen sein kann (beispielsweise aus dem Aspekt des "lucidum intervallum").

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