Rz. 579
Das Vormundschaftsrecht umfasst seit der Neuregelung durch das Betreuungsgesetz[495] drei grundsätzlich verschieden ausgestaltete Bereiche:
(1) Vormundschaft
Rz. 580
Vormundschaft besteht über Minderjährige (§§ 1773–1895 BGB), und zwar als auf Dauer ausgerichtete erzieherische Personensorge und Vermögensfürsorge bei Kindern und Jugendlichen, die nicht unter elterlicher Sorge stehen.
(2) Betreuung
Rz. 581
Rz. 582
Betreut (§§ 1896–1908k BGB) werden (geistig oder körperlich) behinderte (volljährige, § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB) Erwachsene.
Rz. 583
Sowohl bei der Einrichtung als auch bei der Fortsetzung einer Betreuung müssen die gesetzlichen Betreuungsvoraussetzungen vorliegen.[496]
Rz. 584
Ein Betreuer darf nur bestellt werden, soweit die Betreuerbestellung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 S. 1 BGB). Für welche Aufgabenkreise ein Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen. Dabei genügt es, wenn ein Handlungsbedarf in dem betreffenden Aufgabenkreis jederzeit auftreten kann.[497]
Rz. 585
An der Erforderlichkeit fehlt es, soweit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 S. 2 BGB). Eine Vorsorgevollmacht steht daher der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen.[498] Die im Zeitpunkt einer noch vorhandenen Geschäftsfähigkeit geäußerte Absicht eines Betroffenen, eine erteilte (Vorsorge-)Vollmacht zu widerrufen, kann für sich genommen die Erweiterung des Aufgabenkreises eines Betreuers auf den Widerruf von Vollmachten nicht rechtfertigen.[499]
Rz. 586
Die Einrichtung einer Betreuung trotz bestehender Vorsorgevollmacht kann erforderlich sein, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmachterteilung oder am Fortbestand der Vollmacht bestehen, die geeignet sind, die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr und damit die Wahrnehmung von Rechten des Betroffenen durch den Bevollmächtigten zu beeinträchtigen.[500] Eine Betreuung kann trotz Vorsorgevollmacht dann geboten sein, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen; insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet. Letzteres ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Geeignetheit oder Redlichkeit als ungeeignet erscheint.[501]
(3) Pflegschaft
Rz. 587
Pflegschaft (§§ 1909–1921 BGB) dient als Hilfe bei der Besorgung einzelner Angelegenheiten bzw. eines Kreises von Angelegenheiten für Erwachsene und Kinder.
(a) Erwachsene
Rz. 588
Pflegschaft dient als Hilfe für solche Erwachsene, für die ein Fürsorgebedürfnis durch gesetzliche Vertretung nicht allgemein, sondern nur für bestimmte personen- und sachbezogene Angelegenheiten besteht.
(b) Minderjährige, Nasciturus
Rz. 589
Ergänzungspflegschaft betrifft Minderjährige und Nasciturus (§§ 1909, 1912 BGB), ferner Personen unter elterlicher Sorge oder Vormundschaft für solche Angelegenheiten, an deren Besorgung Eltern oder Vormund rechtlich oder tatsächlich, aber auch aufgrund von Interessenskonflikten, verhindert sind.
(c) Beistandsbestellung
Rz. 590
Anzumerken ist der Vollständigkeit halber, dass die Beistandsbestellung (§§ 1712–1717 BGB) – eine besonders ausgestaltete Art der Pflegschaft – im Rahmen der Abwicklung von Schadenersatzansprüchen bedeutungslos ist.
(4) Übersicht
Rz. 591
Übersicht 2.15: Vormundschaft – Betreuung – Pflegschaft – Beistand
Minderjährige | Erwachsene | |
Vormundschaft | §§ 1773–1895 BGB | – |
Betreuung | – | §§ 1896–1908k BGB |
Pflegschaft | §§ 1909–19... |
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