Rz. 912

Für den Wiedereinstieg in Verhandlungen stellen Vorbehalte regelmäßig auf eine dauerhafte Beeinträchtigung ab und nicht auf solche, die lediglich kurzfristig (z.B. für den Zeitraum einer Materialentfernung) auftreten. Zur Auslegung der Formulierung kann auf interessennahe anderweitige Rechtsgebiet geschaut werden. Dauerhaftigkeit ist jedenfalls ein Zeitraum von mehr als 12 Monaten.

 

Rz. 913

Den Begriff der "dauerhaften" Beeinträchtigung verwenden u.a. § 104 Nr. 2 BGB, § 14 Abs. 1 S. 2 SGB XI (6 Monate), §§ 41 Abs. 1, 45 SGB XII.

 

Rz. 914

Arbeitsrechtlich ist eine krankheitsbedingte Kündigung nur zulässig, wenn mit einer weiter andauernden Arbeitsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit (i.d.R. 24 Monate) zu rechnen ist (negative Zukunftsprognose).[791] Im Falle der lang andauernden Erkrankung ohne absehbare positive Zukunftsprognose (länger als 1½ Jahre krank, Heilungserfolg nicht absehbar oder arbeitsunfähig erkrankt und innerhalb der nächsten 24 Monate keine Wiederherstellungsprognose herstellbar), ist, wie bei feststehender Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung auf Dauer, allein aufgrund der dauerhaften Störung des Austauschverhältnisses vom Vorliegen erheblicher betrieblicher Auswirkungen auszugehen.[792]

 

Rz. 915

Im Bereich der privaten Unfallversicherung (vgl. Ziff. 2.1.1.1 Abs. 3 AUB) ist eine dauerhafte Beeinträchtigung anzunehmen, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre besteht und eine Änderung des Zustands nicht erwartet werden kann.[793]

 

Rz. 916

Im Bereich der Pflegeversicherung bedeutet Dauerhaftigkeit i.S.v. § 45a SGB XI die Einschränkung der Alltagskompetenz, wenn die ausschlaggebenden Störungen und der entsprechende Hilfebedarf voraussichtlich über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten bestehen werden.[794] Das entspricht § 14 Abs. 1 S. 3 SGB XI.

[791] Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht-Oetker, 17. Aufl. 2017, § 1 KSchG Rn 114 ff. Siehe auch BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/16 – BAGE 150, 117 = DB 2015, 1290 = MDR 2015, 778 = NJW 2015, 1979 = NZA 2015, 612 = openJur 2015, 11385; BAG v. 23.1. 2014 – 2 AZR 582/13 – AP BGB § 626 Krankheit = BAGE 147, 162 = BB 2014, 2877 = MDR 2014, 1158 = NJW 2014, 3054 = NZA 2014, 962 = openJur 2014, 16100 (Der Dauertatbestand beginnt, wenn die aufgetretenen Kurzerkrankungen zum ersten Mal die Annahme rechtfertigen, der Arbeitnehmer sei dauerhaft krankheitsanfällig. Er endet, sobald die zurückliegenden Erkrankungen die betreffende negative Prognose nicht mehr stützen. Sein Ende tritt deshalb nicht schon mit dem Ende der letzten Arbeitsunfähigkeit vor Beginn eines hinreichend langen Zeitraums ohne krankheitsbedingte Ausfälle ein, sondern erst mit dem Erreichen der ausreichenden Länge eben dieses Zeitraums.); BAG v. 19.4.2007 – 2 AZR 239/06 – BB 2007, 1904 = NJW 2007, 3148 = NZA 2007, 1041 = openJur 2011, 97966; BAG v. 8.11.2007 – 2 AZR 292/06 – DB 2008, 877 = NZA 2008, 593 m.w.N.; LAG Rheinland-Pfalz v. 20.10.2011 – 11 Sa 548/10 – BeckRS 2012, 65650. Siehe zur Anwaltshaftung BGH v. 27.1.2000 – IX ZR 45/98 – AnwBl 2000, 318 = BB 2000, 744 (nur Ls.) = DB 2000, 1660 = MDR 2000, 732 = NJW 2000, 1572 = NZA 2000, 478 = VersR 2001, 638 = WM 2000, 966.
[792] BAG v. 29.4.1999 – 2 AZR 431/98 – AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 36 = BAGE 91, 271 = BB 1999, 1768 = DB 1999, 1861 = JR 2000, 132 = MDR 1999, 1274 = NJW 2000, 893 = NZA 1999, 978; BAG v. 19.4.2007 – 2 AZR 239/06 – BB 2007, 1904 = NJW 2007, 3148 = NZA 2007, 1041 = openJur 2011, 97966; LAG Rheinland-Pfalz v. 20.10.2011 – 11 Sa 548/10 – BeckRS 2012, 65650.
[793] MüKo/VVG-Dörner, 2. Aufl. 2017, § 180 VVG Rn 3.
[794] BT-Drucks 14/6949 v. 24.9.20011, S. 15; Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht-Weber, 92. EL Dez. 2016, § 14 SGB XI Rn 7 ff.; Krauskopf-Linke, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, 94. EL Jan. 2017, § 45a SGB XI Rn 8.

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