Rz. 663

Erbfolge kann auch zwischen Personen eintreten, die beim selben Unfallereignis ums Leben kommen. § 1923 BGB macht die Erbfähigkeit allein davon abhängig, dass der Erbe den Erblasser – wenn auch nur um den Bruchteil einer Sekunde – überlebt. Dem Tod geht stets die Körperverletzung voraus, auch wenn die Zeitspanne zwischen Verletzung und Tod denkbar gering ist.

 

Rz. 664

Im Erbrecht ist (wie im Transplantationsrecht, §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 5 S. 2 TPG)[540] als Todeszeitpunkt bereits der Eintritt des Gesamthirntodes (und nicht der i.d.R. erst spätere Herz- und Kreislaufstillstand) anzunehmen.[541] Der Hirntod tritt ein beim vollständigen und irreversiblen Zusammenbruch der Gesamtfunktion des Gehirns, auch wenn dann Kreislauf und Atmung noch aufrechterhalten bleiben.[542]

 

Rz. 665

 

§ 11 VerschG[543]

Kann nicht bewiesen werden, daß von mehreren gestorbenen oder für tot erklärten Menschen der eine den anderen überlebt hat, so wird vermutet, daß sie gleichzeitig gestorben sind.

 

Rz. 666

Das Nachlassgericht muss im Rahmen des Möglichen aufklären, ob ein Beteiligter den anderen, sei es auch nur den Bruchteil einer Sekunde, überlebt hat.[544] Kann die Reihenfolge zweier Todesfälle nicht geklärt werden, gilt die Vermutung des § 11 VerschG, wonach beide gleichzeitig gestorben sind.[545]

 

Rz. 667

Es kommt auf den tatsächlichen Todeseintritt an und nicht auf den bescheinigten. Skepsis ist gegenüber den in der Ermittlungsakte festgehalten Daten angebracht. Gerade bei Verkehrsunfällen kommt dem von Notarzt und Polizei in der Ermittlungsakte, Sterbefallanzeige oder amtlichen Todesbescheinigung notierten Zeitpunkt des Todeseintritts noch nicht einmal indizielle Bedeutung zu:[546] I.d.R. wird der Todeseintritt nämlich in der zeitlichen Reihenfolge der Untersuchung der verstorbenen Unfallbeteiligten vor Ort festgehalten und gibt daher den tatsächlichen Zeitpunkt nicht zwingend korrekt wieder.

 

Rz. 668

Bleibt die Erbfolge für den Schadenersatzpflichtigen unklar, kann er den geschuldeten Betrag hinterlegen (§§ 372 ff. BGB).

[540] Palandt-Weidlich, 76. Aufl. 2017, § 1922 BGB Rn 2.
[541] OLG Frankfurt v. 11.7.1997 – 20 W 254/95 – NJW 1997, 3099 (Koma nach Unfall).
[542] OLG Frankfurt v. 11.7.1997 – 20 W 254/95 – NJW 1997, 3099.
[543] Verschollenheitsgesetz v. 15.1.1951 BGBl I 1951, 63.
[544] OLG Hamm v. 12.6.1995 – 15 W 120/95 – NZV 1996, 150. Palandt-Weidlich, 76. Aufl. 2017, § 1922 BGB Rn 2, § 1923 Rn 5.
[545] Palandt-Weidlich, 76. Aufl. 2017, § 1923 BGB Rn 5.
[546] Siehe auch OLG Düsseldorf v. 6.3.2006 – 1 U 141/00 – openJur 2011, 46178 für die Feststellung der Überlebenszeit nach einem Unfall im Rahmen der Schmerzensgeldzumessung.

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