Rz. 291

Die Mitverschuldenszurechnung (§§ 254 Abs. 2 S. 2, 278[226] BGB) setzt für Anspruchskürzung ein vor dem Haftpflichtgeschehen bereits bestehendes Sonderrechtsverhältnis zwischen Kind und Schädiger voraus (dazu Rdn 302 ff.). Bei einem Haftpflichtgeschehen entsteht ein Sonderrechtsverhältnis häufig erst mit dem Unfall. Der Mithaftungseinwand ist nicht auf vertragliche Ansprüche beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf konkurrierende Anspruchsnormen (z.B. § 823 BGB).[227]

 

Rz. 292

Ein Mitverschulden des gesetzlichen Vertreters schon bei der Schadenentstehung (§ 254 Abs. 1 BGB) hat sich das Kind auf seine Schadensersatzansprüche nicht unmittelbar anrechnen zu lassen. Ein Aufsichtspflichtversagen seiner Eltern[228] ist dem deliktsunfähigen Kind nicht anspruchsmindernd gegenzurechnen.[229] Es besteht dann vielmehr gesamtschuldnerische Haftung von gesetzlichem Vertreter (z.B. Vater) und weiterem Schädiger (z.B. Autofahrer).

[226] § 278 BGB gilt auch im Rahmen eines deliktisch begründenden Rechtsverhältnisses (Schadenersatzbeziehung) (Palandt-Grüneberg, 76. Aufl. 2017, § 278 BGB Rn 2, 18).
[227] BGH v. 29.4.1953 – VI ZR 63/52 – BGHZ 9, 316 = NJW 1953, 977.
[228] Bernau, Die Aufsichtshaftung über Minderjährige im Straßenverkehr – Eine Übersicht der seit 2012 veröffentlichten Rechtsprechung, DAR 2015, 192.
[229] BGH v. 9.2.1982 – VI ZR 59/80 – MDR 1982, 569 = NJW 1982, 1149 = VersR 1982, 441; BGH v. 20.5.1980 – VI ZR 185/78 – NJW 1980, 2090 = VersR 1980, 938; OLG Hamm v. 23.5.1995 – 27 U 30/93 – r+s 1995, 455; OLG Köln v. 2.6.1993 – 13 U 18/93 – VersR 1994, 1082.

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