Rz. 792

Bei der Erfüllung der Abfindungsforderung ist vom Ersatzpflichtigen zu beachten, dass er die "richtige Leistung" erbringt.

 

Rz. 793

Die dem Haftpflichtversicherer gemäß § 366 Abs. 1 BGB zustehende Tilgungsbestimmung kann konkludent ausgeübt werden.[693]

[693] OLG Düsseldorf v. 23.2.2001 – 22 U 114/00 – VersR 2001, 619 (Zahlung des genauen Betrages einer Schadenposition).

a) Abfindungsbetrag

 

Rz. 794

Manchmal enthält das Anschreiben der vom Verletzten beauftragten Anwälte die Bedingung, dass der Abfindungsbetrag vom Mandanten (= Verletzten) "nur dann akzeptiert werde, wenn die beigefügte Anwaltskostennote zusätzlich übernommen" werde.

 

Rz. 795

Unproblematisch ist dieses solange, wie diese Kosten dem rechtlich geschuldeten Maß entsprechen (zu Einzelheiten Rdn 446, 1169 ff.). Ist die Gebührenrechnung zu hoch und zahlt der Ersatzpflichtige nur den nach seiner Ansicht geschuldeten Betrag, ist der Vergleich nicht erfüllt: Aufgrund der Verknüpfung von Abfindungsbetrag und Kostennote hätte der Ersatzpflichtige die Kostennote ungekürzt neben dem Abfindungsbetrag auszukehren gehabt, um der seinerseitigen Abfindungsverpflichtung nachzukommen.

b) Aufrechnung

 

Rz. 796

 

§ 393 BGB – Keine Aufrechnung gegen Forderung aus unerlaubter Handlung

Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist die Aufrechnung nicht zulässig.

 

Rz. 797

 

§ 35 VVG – Aufrechnung durch den Versicherer

Der Versicherer kann eine fällige Prämienforderung oder eine andere ihm aus dem Vertrag zustehende fällige Forderung gegen eine Forderung aus der Versicherung auch dann aufrechnen, wenn diese Forderung nicht dem Versicherungsnehmer, sondern einem Dritten zusteht.

 

§ 121 VVG – Aufrechnung gegenüber Dritten

§ 35 ist gegenüber Dritten nicht anzuwenden.

aa) Schädiger

 

Rz. 798

Unzulässig ist die Aufrechnung gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 393 BGB).[694]

 

Rz. 799

Zu bedenken ist auch die Möglichkeit der Aufrechnung durch den Schädiger (versicherte Person des Haftpflichtversicherers) selbst, z.B. bei Mithaftung des anderen Unfallbeteiligten und fehlender Durchsetzbarkeit der Ansprüche.[695]

 

Rz. 800

 

Beispiel 2.7

Motorradfahrer M und Fahrradfahrer F kollidieren. Der Fahrradfahrer ist Sozialhilfeempfänger ohne Haftpflichtversicherungsschutz. Beide Unfallbeteiligte, die den Unfall zu gleichen Teil herbeigeführt haben, werden schwer verletzt.

M hat unter Berücksichtigung der Mitverantwortlichkeit einen Anspruch von 60.000 EUR gegen F, F umgekehrt seinerseits einen Anspruch von 20.000 EUR gegen M und dessen Versicherer V (Direktanspruch gemäß § 115 VVG, § 3 PflVG a.F.).

Ergebnis:

1. M rechnet mit seinen Ersatzforderungen gegenüber dem Anspruch des F auf, kann dann aber auf den Direktanspruch des F gegen seinen (M's) Versicherer V zugreifen. Im Ergebnis zahlt dann V an M (und nicht an F) 20.000 EUR.
2. Wegen seiner weiteren Forderung i.H.v. noch 40.000 EUR muss sich M unmittelbar an F halten.
3. F erhält von V keine Leistung.
 

Rz. 801

Steht dem Ersatzpflichtigen seinerseits eine Forderung gegenüber dem Ersatzberechtigten zu, kann Erfüllung auch im Wege der Aufrechnung erfolgen, solange dieses nicht gegen § 242 BGB verstößt. Wer bei Abschluss eines Vergleiches die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen er später gegenüber der auf den Vergleich gestützten Forderung eine Aufrechnungslage herleitet, darf eine Aufrechnung grundsätzlich nur dann geltend machen, wenn er sich dieses Recht im Vergleichsvertrag vorbehalten hat.[696]

[694] BGH v. 15.9.2009 – VI ZA 13/09 – BB 2009, 2209 JR 2010, 439 MDR 2009, 1338NJW 2009, 3508NJ 2010, 116NZV 2010, 73openJur 2011, 1770VersR 2009, 1502 Aufrechnungsverbot bei unerlaubten Handlungen gilt auch für sich gegenüberstehende Forderungen aus einem einheitlichen Lebensverhältnis).
[695] Dazu Stiefel/Maier-Jahnke, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl. 2017, vor § 113 VVG Rn 33, § 116 VVG Rn 21 ff., 25, § 121 VVG Rn 8 f.
[696] BGH v. 29.5.1980 – IX ZR 41/77 – MDR 1980, 1017 (nur Ls.) = LM BGB § 387 Nr. 63; OLG Köln v. 16.7.2002 – 22 U 6/02 – VersR 2003, 511; vgl. auch BGH v. 9.12.1992 – VIII ZR 218/91 – BB 1993, 1113 = BGHZ 120, 387 = MDR 1993, 473 = NJW 1993, 1396 = Rpfleger 1993, 291 = VersR 1993, 504 (Die Aufrechnung kann im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen).

bb) Versicherer

 

Rz. 802

Auch der Haftpflichtversicherer kann unter Beachtung von § 242 BGB (Treu und Glauben) mit fälligen Versicherungsprämienforderungen aufrechnen (siehe auch §§ 35, 121 VVG).

 

Rz. 803

Es darf auch an eine andere Konzerngesellschaft der Anspruch frühzeitig abgetreten und von dieser (z.B. im Wege der Pfändung und Überweisung) dann gegen die den Abfindungsbetrag schuldenden Konzerngesellschaft durchgesetzt werden.

c) Scheckzahlung

 

Rz. 804

Die Scheckzahlung erfolgt erfüllungshalber; Erfüllung tritt mit Einlösung ein (vgl. § 364 Abs. 2 BGB). Erfüllt der Schuldner eine Zahlungsverpflichtung mittels Scheck, ist für die Frage der Rechtzeitigkeit der Leistung nicht auf den Zeitpunkt des Leistungserfolges, sondern auf den der Leistungshandlung abzustellen.[697]

 

Rz. 805

Leistungsort bleibt der ...

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