Rz. 792
Bei der Erfüllung der Abfindungsforderung ist vom Ersatzpflichtigen zu beachten, dass er die "richtige Leistung" erbringt.
Rz. 793
Die dem Haftpflichtversicherer gemäß § 366 Abs. 1 BGB zustehende Tilgungsbestimmung kann konkludent ausgeübt werden.[693]
a) Abfindungsbetrag
Rz. 794
Manchmal enthält das Anschreiben der vom Verletzten beauftragten Anwälte die Bedingung, dass der Abfindungsbetrag vom Mandanten (= Verletzten) "nur dann akzeptiert werde, wenn die beigefügte Anwaltskostennote zusätzlich übernommen" werde.
Rz. 795
Unproblematisch ist dieses solange, wie diese Kosten dem rechtlich geschuldeten Maß entsprechen (zu Einzelheiten Rdn 446, 1169 ff.). Ist die Gebührenrechnung zu hoch und zahlt der Ersatzpflichtige nur den nach seiner Ansicht geschuldeten Betrag, ist der Vergleich nicht erfüllt: Aufgrund der Verknüpfung von Abfindungsbetrag und Kostennote hätte der Ersatzpflichtige die Kostennote ungekürzt neben dem Abfindungsbetrag auszukehren gehabt, um der seinerseitigen Abfindungsverpflichtung nachzukommen.
b) Aufrechnung
Rz. 796
§ 393 BGB – Keine Aufrechnung gegen Forderung aus unerlaubter Handlung
Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist die Aufrechnung nicht zulässig.
Rz. 797
§ 35 VVG – Aufrechnung durch den Versicherer
Der Versicherer kann eine fällige Prämienforderung oder eine andere ihm aus dem Vertrag zustehende fällige Forderung gegen eine Forderung aus der Versicherung auch dann aufrechnen, wenn diese Forderung nicht dem Versicherungsnehmer, sondern einem Dritten zusteht.
§ 121 VVG – Aufrechnung gegenüber Dritten
§ 35 ist gegenüber Dritten nicht anzuwenden.
aa) Schädiger
Rz. 798
Unzulässig ist die Aufrechnung gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 393 BGB).[694]
Rz. 799
Zu bedenken ist auch die Möglichkeit der Aufrechnung durch den Schädiger (versicherte Person des Haftpflichtversicherers) selbst, z.B. bei Mithaftung des anderen Unfallbeteiligten und fehlender Durchsetzbarkeit der Ansprüche.[695]
Rz. 800
Beispiel 2.7
Motorradfahrer M und Fahrradfahrer F kollidieren. Der Fahrradfahrer ist Sozialhilfeempfänger ohne Haftpflichtversicherungsschutz. Beide Unfallbeteiligte, die den Unfall zu gleichen Teil herbeigeführt haben, werden schwer verletzt.
M hat unter Berücksichtigung der Mitverantwortlichkeit einen Anspruch von 60.000 EUR gegen F, F umgekehrt seinerseits einen Anspruch von 20.000 EUR gegen M und dessen Versicherer V (Direktanspruch gemäß § 115 VVG, § 3 PflVG a.F.).
Ergebnis:
1. | M rechnet mit seinen Ersatzforderungen gegenüber dem Anspruch des F auf, kann dann aber auf den Direktanspruch des F gegen seinen (M's) Versicherer V zugreifen. Im Ergebnis zahlt dann V an M (und nicht an F) 20.000 EUR. |
2. | Wegen seiner weiteren Forderung i.H.v. noch 40.000 EUR muss sich M unmittelbar an F halten. |
3. | F erhält von V keine Leistung. |
Rz. 801
Steht dem Ersatzpflichtigen seinerseits eine Forderung gegenüber dem Ersatzberechtigten zu, kann Erfüllung auch im Wege der Aufrechnung erfolgen, solange dieses nicht gegen § 242 BGB verstößt. Wer bei Abschluss eines Vergleiches die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen er später gegenüber der auf den Vergleich gestützten Forderung eine Aufrechnungslage herleitet, darf eine Aufrechnung grundsätzlich nur dann geltend machen, wenn er sich dieses Recht im Vergleichsvertrag vorbehalten hat.[696]
bb) Versicherer
Rz. 802
Auch der Haftpflichtversicherer kann unter Beachtung von § 242 BGB (Treu und Glauben) mit fälligen Versicherungsprämienforderungen aufrechnen (siehe auch §§ 35, 121 VVG).
Rz. 803
Es darf auch an eine andere Konzerngesellschaft der Anspruch frühzeitig abgetreten und von dieser (z.B. im Wege der Pfändung und Überweisung) dann gegen die den Abfindungsbetrag schuldenden Konzerngesellschaft durchgesetzt werden.
c) Scheckzahlung
Rz. 804
Die Scheckzahlung erfolgt erfüllungshalber; Erfüllung tritt mit Einlösung ein (vgl. § 364 Abs. 2 BGB). Erfüllt der Schuldner eine Zahlungsverpflichtung mittels Scheck, ist für die Frage der Rechtzeitigkeit der Leistung nicht auf den Zeitpunkt des Leistungserfolges, sondern auf den der Leistungshandlung abzustellen.[697]
Rz. 805
Leistungsort bleibt der ...
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