a) Haftpflichtversicherung

aa) Vollmacht

 

Rz. 456

Der Haftpflichtversicherer handelt bei Vergleichsabschluss

zum einen als Bevollmächtigter seiner (mit-)versicherten Personen unter Hinweis auf die sich aus den Versicherungsbedingungen (z.B. § 10 V AKB a.F., A.1.1.4 AKB 2015, § 5 Nr. 7 AHB a.F., 5. AHB 2015[413]) ergebende Vollmacht (und zwar u.U. auch über die Deckungssumme[414] [siehe ergänzend § 5 Rdn 122] hinaus und auch bei eventuellem Selbstbehalt des Versicherungsnehmers[415]),
zum anderen gleichzeitig aber auch im eigenen Namen, soweit er unmittelbar Ersatz schuldet (Direktanspruch, § 3 PflVG a.F., § 115 Abs. 1 VVG).
 

Rz. 457

Die Kündigung des Versicherungsvertrages beendet die Regulierungsvollmacht des Haftpflichtversicherers nicht.[416]

 

Rz. 458

Verfolgen in einem Schadenersatzprozess beide Parteien wechselseitig Schadenersatzansprüche aus einem Haftpflichtereignis (z.B. Verkehrsunfall) und steht auf beiden Seiten derselbe Haftpflichtversicherer hinter den Schädigern, erstreckt sich wegen möglicher Interessenkollision die vom Haftpflichtversicherer (gemäß § 10 Abs. 5 AKB a.F., A.1.1.4 AKB 2015) erteilte Prozessvollmacht[417] nicht auf die vom Geschädigten erhobene Klage, sondern nur auf die gegen ihn erhobene Widerklage.[418]

 

Rz. 459

Der Kfz-Haftpflichtversicherer ist nicht nur im Außenverhältnis dem geschädigten Dritten gegenüber bevollmächtigt, sondern auch im Innenverhältnis befugt, die Feststellung und Regulierung des Schadens nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen und unabhängig von etwaigen Weisungen seines Versicherungsnehmers durchzuführen.[419]

 

Rz. 460

Die Regulierung des Pflichtversicherers bindet aber nicht seinen Versicherten, soweit dieser aktiv Ansprüche gegenüber anderen Unfallbeteiligten verfolgt.[420] Das gilt auch, wenn beide Unfallgegner bei demselben Versicherer haftpflichtversichert sind. Die Vollmacht aus der AKB betrifft nicht die Aktivansprüche des Versicherungsnehmers aus dem Schadenereignis.[421]

[413] Siehe auch BGH v. 8.6.1999 – VI ZB 14/99 – VersR 1999, 1228 (Prozessführungsbefugnis des Haftpflichtversicherers aus § 5 Nr. 4 AHB beschränkt sich auf den Versicherungsnehmer und erstreckt sich nicht auf Mitversicherte); BGH v. 7.10.2003 – VI ZR 392/02 – NJW-RR 2004, 109 = NZV 2003, 565 = VersR 2003, 1547 (§ 5 Nr. 7 AHB deckt auch Verjährungsverzichtserklärungen in Teilungsabkommen); BGH v. 11.10.2006 – IV ZR 329/05 – BGHReport 2007, 55 = BGHZ 169, 232 = DAR 2007, 141 (nur Ls.) = DB 2006, 2741 (nur Ls.) = NJW 2007, 69 = r+s 2007, 16 = VersR 2006, 1676 = zfs 2007, 96 (Der Haftpflichtversicherer wird von § 5 Nr. 7 AHB uneingeschränkt zu Verhandlungen mit dem Geschädigten bevollmächtigt und tritt i.d.R. dem Geschädigten auch als Vertreter des Schädigers gegenüber) (Vorinstanz OLG Frankfurt v. 17.6.2005 – 24 U 48/05 – OLGR 2006, 103 = NJW-RR 2005, 1694 = NJW-RR 2007, 288 (nur Ls.) = VersR 2005, 1525 = zfs 2005, 611 [§ 5 Nr. 7 AHB begründet abweichend von § 10 Abs. 5 AKB keine Vollmacht des Versicherers bezogen auf den Teil der Ansprüche, für den der Versicherer nicht einzustehen hat].). Bedenklich OLG Nürnberg v. 21.11.2000 – 1 U 2923/00 – VersR 2002, 499, wonach der private Haftpflichtversicherer ausdrücklich daraufhin weisen muss, wenn er verbindlich für die versicherte Person eine Erklärung (konkret: urteilersetzendes Anerkenntnis) abgeben will.
[414] BGH v. 11.10.2006 – IV ZR 329/05 – BGHReport 2007, 55 = BGHZ 169, 232 = DAR 2007, 141 (nur Ls.) = DB 2006, 2741 (nur Ls.) = NJW 2007, 69 = r+s 2007, 16 = VersR 2006, 1676 = zfs 2007, 96 (Erkennt der Versicherer unter diesen Voraussetzungen den Haftpflichtanspruch des Geschädigten gemäß § 208 BGB a.F. an, wird die Verjährung auch zulasten des versicherten Schädigers unterbrochen, und zwar auch insoweit, als der Versicherer wegen eines Selbstbehaltes oder Überschreitung der Deckungssumme den Schaden nicht selbst reguliert. Will der Versicherer von seiner Vollmacht nur eingeschränkt Gebrauch machen, muss er dies dem Geschädigten gegenüber ausdrücklich klarstellen.); BGH v. 22.7.2004 – IX ZR 482/00 – DAR 2004, 697 = MDR 2005, 90 = NJW-RR 2004, 1475 = NZV 2004, 623 = r+s 2005, 262 = VersR 2004, 1278 = VRS 107, 323 = zfs 2005, 10 (Anm. Diehl); BGH v. 19.12.1989 – VI ZR 57/89 – MDR 1990, 613 = NJW-RR 1990, 343 = r+s 1990, 83 = VersR 1990, 497 = zfs 1990, 171; BGH v. 22.11.1988 – VI ZR 20/88 – MDR 1989, 345 = NJW-RR 1989, 278 = NZV 1989, 145 = r+s 1989, 78 = VersR 1989, 138 = zfs 1989, 179 (nur Ls.); BGH v. 12.12.1978 – VI ZR 159/77 – DAR 1979, 218 = NJW 1979, 866 = r+s 1979, 124 = VersR 1979, 284 = VRS 56, 246; OLG Schleswig v. 30.10.1979 – 7 U 75/77 + 7 U 158/77 – VersR 1980, 726. Der Versicherer kann allerdings in einer dem Dritten deutlich erkennbaren Art und Weise von seiner Vollmacht nur eingeschränkt Gebrauch machen, d.h. namens des Versicherten nur bis zur Höhe der Deckungssumme über einen Vergleich verhandeln (BGH v. 12.12.1978 – VI ZR 159/77 – DAR 1979, 218 = NJW 1979, 866 = r+s 1979, 124 = VersR 1979, 284 = VRS 56, 246). Siehe aber auch BGH v. 4.12.1990 – VI ZR 300/89 – DA...

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