Rz. 848

 

Hinweis

Siehe auch Rdn 1316 ff.

a) Mindeststandard

 

Rz. 849

Seit dem 1.4.2007 (Art. 46 Abs. 1 GKV-WSG) muss davon ausgegangen werden, dass nahezu jeder Verletzte Krankenversicherungsschutz nach dem Mindeststandard der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat. Die Gesetzesreform hat sich zum Ziel gesetzt, "dass in Deutschland niemand ohne Schutz im Krankheitsfall sein soll".[741] § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begründet daher eine Versicherungspflicht für Personen, die keinen Anspruch auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben und die zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen sind. Ferner wurde eine Versicherungspflicht für Personen ohne Absicherung im Krankheitsfall begründet, die bisher nicht in Deutschland gesetzlich oder privat krankenversichert waren und dem Grunde nach der GKV (mit Ausnahme der nach § 6 SGB V versicherungsfreien Personen) zuzuordnen sind.

[741] BT-Drucks 16/3100 v. 24.10.2006, S. 1, 86 f., 94 f.

b) Mitgliedschaft

 

Rz. 850

Die GKV erhebt keine Prämien, sondern Beiträge. In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung findet keine individuelle Risikoprüfung statt; die GKV ist gesetzlich verpflichtet, jeden versicherungspflichtigen Bewerber aufzunehmen (Kontrahierungszwang).

 

Rz. 851

Die Versicherungspflicht (§ 5 SGB V) besteht unabhängig vom Willen der Beteiligten und unabhängig von einer Anmeldung bei einer Krankenkasse bzw. einer vorangegangenen Beitragszahlung.[742] Entscheidend ist das faktische Erfüllen der Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht.

 

Rz. 852

Die von der Versicherungspflicht ausgenommenen Personen, deren Beiträge zur privaten Krankheitsvorsorge zuschussfähig sind, benennt das Gesetz im Einzelnen (§ 5 Va SGB V). Versicherungsfreie Personen können der gesetzlichen Krankenversicherung als freiwillig Versicherte beitreten (§ 9 SGB V).

 

Rz. 853

Eine von einer Haftpflichtversicherung wegen der Folgen eines Unfalls gewährte Leibrente ist auch dann in voller Höhe der Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung zugrunde zu legen, wenn die Leibrente pauschalierend sowohl dem Ausgleich eines Verdienstausfallschadens als auch dem Ausgleich eines unfall-/behinderungsbedingten Mehraufwands dient.[743]

[742] Plagemann-Hauck, Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 4. Aufl. 2013§ 18 Rn 4.
[743] BSG v. 18.12.2013 – B 12 KR 24/12 R – Breith 2014, 916 = openJur 2014, 16771 = SozR 4–2500 § 240 Nr. 20 = USK 2013–172 (Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen; BVerfG [1. Senat 1. Kammer] v. 12.5.2016 – 1 BvR 1692/14); BSG v. 19.8.2015 – B 12 KR 11/14 R – FamRZ 2016, 304 (Ein nach einer Ehescheidung vom Unterhaltsverpflichteten dem freiwillig krankenversicherten Unterhaltsberechtigten geleisteter Kranken- und Pflegevorsorgeunterhalt ist der Bemessung der Beiträge mit zugrunde zu legen). Siehe auch SG Duisburg v. 16.2.2017 – S 50 KR 941/15 WA – juris.

c) Familienmitversicherung

 

Rz. 854

Ehegatten, Lebenspartner und Kinder haben nach Maßgabe von § 10 SGB V, § 25 SGB XI[744] Anspruch auf Familienmitversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung mitversichert. Krank zur Welt gekommene Kinder (Neugeborene) haben trotz der "Vorerkrankung" Anspruch auf Kranken- und Pflegeversicherungsschutz.

 

Rz. 855

Beim späteren Ausscheiden aus der Familienmitversicherung bestehen Ansprüche auf Weiterversicherung (§ 9 SGB V, § 26 SGB XI).

 

Rz. 856

Muss ein Verletzter, der zuvor in der Krankenversicherung kostenlos familienmitversichert war, mit dem Erwerb einer Verdienstausfallrente aus dieser Versicherung nunmehr ausscheiden und sich selbst versichern, sind dem Verletzten diese Krankenversicherungskosten (längstens für den Zeitraum, für den eine kostenlose Familienmitversicherung bestanden hätte) zu ersetzen.[745] Zu beachten ist, dass bei Ausscheiden aus der Familienmitversicherung Ansprüche auf (auch freiwillige) Weiterversicherung (§ 9 SGB V, § 26 SGB XI) besteht, was gerade bei Schwerverletzten zu beachten ist.

[744] BVerfG v. 14.6.2011 – 1 BvR 429/11 – FamRZ 2011, 1284 = NJW 2011, 2867 = NZS 2011, 936 (Der Ausschluss der Mitversicherung von Kindern in der Familienversicherung unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 3 SGB V ist verfassungsgemäß. Die in dieser Norm enthaltene Benachteiligung von Ehen gegenüber nicht verheirateten Eltern verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 I GG und das Grundrecht auf Ehe und Familie in Art. 6 I GG.).
[745] KG v. 17.6.1999 – 12 U 2463/98 – DAR 2000, 401 (nur Ls.) = KGR 2000, 239 (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 9.5.2000 – VI ZR 293/99), OLG Stuttgart v. 25.11.1997 – 14 U 20/97 – VersR 1999, 630. Siehe auch BGH v. 9.1.1990 – VI ZR 86/89 – FamRZ 1990, 366 (nur Ls.) = MDR 1990, 614 = NJW-RR 1990, 344 = SGb 1991, 452 (Anm. Müller) = VersR 1990, 437 = zfs 1990, 188 (nur Ls.).

d) Sozialversorgung der Landwirte

 

Rz. 857

Landwirtschaftliche Unternehmer (unabhängig von Hofgröße und Einkommen), ihre mitarbeitenden Familienangehörigen (§ 7 KVLG 1989) und Altenteiler sind pflichtversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 SGB V [§ 2 KVLG 1989]). §§ 4, 5 KVLG 1989 sehen Befreiung...

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