Rz. 522

Eine Vertretung durch Vater und Mutter ist in denjenigen Fällen ausgeschlossen, in denen ein Vormund von der Vertretung ausgeschlossen ist (§ 1629 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 1795 BGB). Zweck dieser Regelung ist die Vermeidung von Interessenkollisionen der Eltern, die darin bestehen können, dass sie selbst oder Verwandte am Rechtsgeschäft oder Rechtsstreit mit dem Kind beteiligt sind. § 1795 BGB berücksichtigt nur die abstrakte Gefahr der Interessenkollision; es unerheblich, ob tatsächlich eine Interessenkollision vorliegt.[458] Anders als bei § 17696 BGB ist eine konkrete Gefährdung im Einzelfall nicht erforderlich. Sie findet keine Anwendung, wenn das Rechtsgeschäft für das Kind lediglich rechtlich vorteilhaft ist.[459]

 

Rz. 523

Die Ausschlussgründe in § 1795 BGB erfassen ausschließlich private Rechtsgeschäfte und Rechtsstreitigkeiten des Kindes, nicht aber verfahrensrechtliche Anträge und Erklärungen.[460]

 

Rz. 524

Ist ein Elternteil von der Vertretung ausgeschlossen, so ist es auch der andere;[461] und zwar unabhängig davon, ob § 1795 BGB auf ihn ebenfalls zutrifft oder nicht. In diesen Fällen ist dann das Familien-/Betreuungsgericht einzuschalten (§§ 1909 Abs. 2, 1693 BGB). Es wird sodann regelmäßig ein Pfleger bestellt.

 

Rz. 525

Wenn ein Vertretungsverbot nach § 1795 BGB vorliegt, ist das Rechtsgeschäft bis zur Genehmigung (auch nach Eintritt seiner Volljährigkeit durch das nunmehr volljährig gewordene Kind; § 108 Abs. 3 BGB) schwebend unwirksam (§§ 177–179 BGB).[462]

[458] Bamberger/Roth-Bettin, 42. Edition, Stand 1.2.2017, § 1795 BGB Rn 1.
[459] BGH v. 25.4.1985 – IX ZR 141/84 – BGHZ 94, 232 = MDR 1985, 758 = NJW 1985, 2407 (juris Rn 20) (Das Verbot des Selbstkontrahierens gilt nicht für Insichgeschäfte der sorgeberechtigten Eltern eines in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Minderjährigen, die dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringen); BGH v. 25.11.2004 – V ZB 13/04 – BGHZ 161, 170 = DNotZ 2005, 549 =FamRZ 2005, 359 = JR 2005, 415 = MDR 2005, 323 = NJW 2005, 415 = openJur 2012, 57779 = Rpfleger 2005, 189 = WM 2005, 144; BGH v. 27.9.1972 – IV ZR 225/69 – BGHZ 59, 236 (240) = DB 1972, 2159 = DNotZ 1973, 86 = FamRZ 1972, 630 = JR 1973, 60 = MDR 1973, 37 = NJW 1972, 2262.
[460] BGH v. 27.2.1980 – IV ZB 167/79 – MDR 1980, 740 = NJW 1980, 1746 = LM Nr. 1 zu § 1746 BGB (Für die Adoption durch den Stiefvater ist die Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht erforderlich, wenn die Mutter als gesetzliche Vertreterin für das Kind die Einwilligung gegenüber dem Vormundschaftsgericht erklärt).
[461] BGH v. 14.6.1972 – IV ZR 53/71 – MDR 1972, 936 = NJW 1972, 1708; OLG Frankfurt v. 2.4.2012 – 20 W 57/11 – NotBZ 2012, 303 = openJur 2012, 68508; OLG Zweibrücken v. 6.3.1980 – 6 U 45/79 – FamRZ 1980, 911; Palandt-Götz, 76. Aufl. 2017, § 1629 BGB Rn 14. Siehe auch BGH v. 23.10.1963 – V ZR 146/57 – BGHZ 40, 197 = JZ 1965, 310 = MDR 1964, 134 = NJW 1964, 203 = WM 1963, 1272 (Das Rechtsmittel eines unrichtigen gesetzlichen Vertreters einer prozessunfähigen Partei ist mit dem Ziel zulässig, die Klärung der Vertretungsmacht herbeizuführen).
[462] Siehe auch BayObLG v. 16.12.1958 – BReg 1 Z 69/58 – FamRZ 1959, 125.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge