Rz. 474

Adressaten von Verkehrssicherungspflichten sind zunächst die Wintersportler selbst. Verhaltensregeln für Ski- und Snowboardfahrer enthalten die vom internationalen Skiverband (FIS) aufgestellten FIS-Regeln. Diese Regeln, mit denen die Rechtsprechung die Verkehrssicherungspflichten konkretisiert,[1370] enthalten Verhaltensvorschriften zur Gefahrvermeidung für andere Pistenbenutzer (vgl. Rdn 445 ff.) und für den Wintersportler selbst. Verstößt der Wintersportler gegen eine seinem Eigenschutz dienende FIS-­Regel, trifft ihn i.d.R. ein Mitverschulden.[1371] Die FIS-Regeln richten sich nach ihrem Wortlaut nur an Ski- und Snowboardfahrer, gelten aber sinngemäß auch für Nutzer anderer zur Fortbewegung im Gelände geeigneter Wintersportgeräte, wie beispielsweise Snowtubes (aufblasbare Gummireifen) oder Snowbikes.[1372] Ein Wintersportler darf mit einem Snowtube oder einem anderen Sportgerät, das er nicht so steuern kann, dass er den Anforderungen der FIS-Regeln genügt, eine für andere Wintersportler geöffnete Piste nicht befahren. Er darf dann nur spezielle Abfahrtsstrecken benutzen, bei denen eine Gefährdung anderer durch entsprechende Regelungen und ggf. Absperrungen ausgeschlossen ist, wie dies etwa auf Snowtubing-Anlagen der Fall ist. Die FIS-Regeln sind für Abfahrten abseits der Pisten entsprechend anwendbar.[1373]

 

Rz. 475

Weiter trifft diejenigen, die für die Sicherheit von Pisten sowie von Liftanlagen verantwortlich sind, die Pistensicherungspflicht.[1374]

Sicherungspflichtig ist, wer den Wintersportlern die Benutzung eines Berghanges als Piste ermöglicht oder zumindest erleichtert, insbesondere Bergbahn- und Liftbetreiber.[1375] Dies gilt entsprechend für die Eröffnung und Unterhaltung eines Rodelhangs.[1376]
Die Pistensicherungspflicht auf einer Skiabfahrtstrecke oder -piste kann neben dem Betreiber einer Bergbahn auch einem Fremdenverkehrsverband (oder einer ähnlichen Einrichtung) obliegen, wenn es dieser übernommen hat, die Strecke zu "unterhalten" und hierzu einen "Pistendienst" eingerichtet hat.[1377]
Auch der Eigentümer eines als Skiabfahrt benutzten Grundstücks kann verkehrssicherungspflichtig sein, wenn ihm diese Nutzung bekannt ist oder bekannt sein müsste.[1378]
[1370] BGH, Urt. v. 11.1.1972 – VI ZR 187/70, BGHZ 58, 40 (42 ff.); BGH, Urt. v. 23.10.1984 – VI ZR 85/83, NJW 1985, 620 (621); vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 72/09, NJW-RR 2010, 684 (685) gewohnheitsrechtlich anerkannt; OLG Dresden, Urt. v. 30.1.2013 – 13 U 956/12, juris Rn 5; s. Rdn 282.
[1371] BGH, Urt. v. 23.10.1984 – VI ZR 85/83, NJW 1985, 620 (621); OLG München, Urt. v. 29.6.1973 – 1 U 2717/72, VersR 1973, 1170 (1172).
[1372] Heermann/Götze, NJW 2003, 3253 (3254).
[1373] Dambeck/Wagner, S. 33 f.; Heermann/Götze, NJW 2003, 3253 (3254).
[1375] BGH, Urt. v. 13.11.1970 – 1 StR 412/70, NJW 1971, 1093 (1094 f.); BGH, Urt. v. 3.4.1973 – 1 StR 85/72, NJW 1973, 1379 (1380); BGH, Urt. v. 23.10.1984 – VI ZR 85/83, NJW 1985, 620; OLG Hamm, Urt. v. 10.2.1999 – 13 U 91/98, NJW-RR 2000, 102.
[1376] OLG Hamm, Urt. v. 10.2.1999 – 13 U 91/98, NJW-RR 2000, 102.
[1377] OLG München, Urt. v. 29.6.1973 – 1 U 2717/72, VersR 1973, 1170 (1171).
[1378] Vgl. BGH, Urt. v. 22.12.1981 – VI ZR 214/80, NJW 1982, 762 f.

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