Rz. 105

Bei den Rahmengebühren gibt der Gesetzgeber einen Rahmen vor, in dem der RA seine Gebühr nach Ermessensgesichtspunkten bestimmt. Zwei Arten von Rahmengebühren sind zu unterscheiden, und zwar Betragsrahmen- und Satzrahmengebühren. Bei einem Betragsrahmen ist ein Mindest- und ein Höchstbetrag festgelegt und bei Satzrahmen ein Mindest- und ein Höchstsatz. Im Forderungsmanagement ist die Geschäftsgebühr als Satzrahmengebühr von zentraler Bedeutung.

 

Rz. 106

 

Beispiel

 
Betragsrahmen = Grundgebühr in Strafsachen gem. Nr. 4100 VV RVG i.H.v. 40,00 EUR–360,00 EUR
Satzrahmen = Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG (0,5–2,5)

a) Kriterien zur Bestimmung der Höhe bei Rahmengebühren

 

Rz. 107

Die Kriterien, die der RA für seine Ermessensentscheidung anzuwenden hat, ergeben sich aus § 14 RVG. Danach bestimmt der RA nach billigem Ermessen die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit seiner Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und im Hinblick auf ein besonderes Haftungsrisiko des RA. Unter "billigem Ermessen" ist zu verstehen, dass bei der Bestimmung der Gebühr alle Umstände angemessen zu berücksichtigen sind, wobei die Bemessung der Gebühr in jedem Einzelfall gerecht zu erfolgen hat. Die Entscheidung des Rechtsanwaltes darf nur auf Ermessensfehler, nicht aber auf ihre "Richtigkeit" überprüft werden, d.h. der Richter darf nicht sein Ermessen an die Stelle des Beurteilungsspielraums des Rechtsanwaltes setzen.

aa) Umfang

 

Rz. 108

Bei der Betrachtung des "Umfangs" ist nicht auf den Umfang der Angelegenheit abzustellen, sondern auf den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, insbesondere den erforderlichen Zeitaufwand zur Betreuung des Mandats.[25] Bei der Bemessung des Umfangs kommen z.B. die Dauer der Vorarbeit, insbesondere der Informationsbeschaffung, die Dauer der Auswertung von Rechtsprechung und Literatur oder die Dauer von Besprechungen und Vertragsverhandlungen in Betracht.[26]

[25] Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, § 14 Rn 7.
[26] Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, § 14 Rn 9.

bb) Schwierigkeit

 

Rz. 109

Das Kriterium "Schwierigkeit" ergibt sich aus der Intensität der Arbeit. Die anwaltliche Tätigkeit ist als schwierig zu beurteilen, wenn Probleme in tatsächlicher und rechtlicher Art zu lösen sind, die in durchschnittlichen Angelegenheiten nicht auftreten. Tatsächliche Schwierigkeiten können z.B. sein, dass zwischen dem RA und dem Auftraggeber oder dem Gegner sprachliche Verständigungsschwierigkeiten bestehen; ein Anhaltspunkt für rechtliche Schwierigkeiten kann auch vorliegen, wenn sich der RA in abgelegene Rechtsgebiete einzuarbeiten hat.[27]

[27] Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, § 14 Rn 14 ff.

cc) Bedeutung

 

Rz. 110

Die "Bedeutung" der Angelegenheit stellt ein subjektives Merkmal dar, das aus der Betrachtung des Auftraggebers zu ermitteln ist. Neben der tatsächlichen und rechtlichen Bedeutung ist auch auf die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ideellen Auswirkungen des Ausgangs der Angelegenheit abzustellen.[28] Darunter können z.B. Verlust der Arbeitsstelle oder der wirtschaftlichen Existenz fallen.

[28] Schneider/Wolf/Onderka, RVG, § 14 Rn 38.

dd) Einkommensverhältnisse

 

Rz. 111

Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse des Auftraggebers ist von den durchschnittlichen Verhältnissen der Bevölkerung auszugehen, wobei vielfach auf die Werte des statistischen Bundesamtes zurückgegriffen werden. Die vom statistischen Bundesamt veröffentlichen Werte berücksichtigen jedoch nicht die Personen, die über kein eigenes Einkommen verfügen, so dass zum Ausgleich ein Abschlag vorzunehmen ist.[29] Damit das Einkommen des Auftraggebers bei der Ermessensentscheidung i.S.v. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG relevant ist, muss die Differenz zum Durchschnittswert erheblich sein. Erheblichkeit wird bejaht bei einer Differenz von 20 %, so dass ausgehend von einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von 1.500,00 EUR innerhalb einer Einkommensspanne von 1.200,00 EUR bis 1.800,00 EUR die Einkommensverhältnisse des Auftraggebers ohne Bedeutung sind.[30] In der Praxis handelt es sich um einen kaum tragfähigen Gesichtspunkt.

[29] Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, § 14 Rn 35.
[30] Schneider/Wolf/Onderka, RVG, § 14 Rn 42.

ee) Vermögensverhältnisse

 

Rz. 112

Bei den Vermögensverhältnissen ist auf die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers – nicht eines erstattungspflichtigen Dritten – abzustellen. Auch insoweit gilt, dass ein Erhöhen oder Mindern der Gebühren nur dann in Betracht kommt, wenn eine erhebliche Abweichung des Vermögens von den durchschnittlichen Vermögensverhältnissen vorliegt. Ist der Mandant Eigentümer eines Ein- oder Zweifamilienhauses, verfügt er über ein kleines Sparguthaben und den üblichen Hausrat, ist von durchschnittlichen Vermögensverhältnissen auszugehen.[31]

Unterschiedliche Meinungen existieren zum Zeitpunkt der Beurteilung. Es wird zum einen auf den Zeitpunkt der Abrechnung[32] abgestellt und zum anderen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Auftragserteilung bzw. der Fälligkeit der Vergütung, je nachdem in welchem Zeitpunkt sie besser sind.[33] Da der Mandant...

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