Rz. 107

Streitig ist, ob der Insolvenzverwalter bis zum Ablauf der Drei-Wochen-Frist gehindert ist, die geplante Betriebsänderung durchzuführen, mithin die betriebsbedingt veranlassten Kündigungen auszusprechen, wenn nicht vor Ablauf dieser Frist ein Interessenausgleich vereinbart wird oder der Insolvenzverwalter nach Ablauf dieser Frist die gerichtliche Zustimmung des Arbeitsgerichts erzwingt.

 

Rz. 108

 

Hinweis

Diese Klärung soll notfalls im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens erfolgen können, weil auch insoweit der Insolvenzverwalter seine Rechte gem. § 122 Abs. 1 InsO kurzfristig durchsetzen können müsse.[87]

 

Rz. 109

Bevor nicht der Insolvenzverwalter entweder mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich abgeschlossen hat oder die Zustimmung des Arbeitsgerichts eingeholt hat, sind nach der strengen Auffassung in der Drei-Wochen-Frist Betriebsänderungen, also auch der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen, unzulässig, was auch der Betriebsrat mit einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung durchsetzen könne.[88]

 

Rz. 110

Diese Auffassung ist aber in der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Neuregelung in § 122 InsO i.V.m. § 113 BetrVG bislang nicht einhellig bestätigt worden.[89] Das LAG Niedersachsen als Beschwerdeinstanz hat die Rechtsfrage nicht mehr entschieden, weil nach seiner Auffassung die Betriebsänderung bereits abgeschlossen war, hat aber in einem obiter dictum Zweifel angemeldet, ob ein solcher Unterlassungsanspruch des Betriebsrates bestehe.

[87] So ArbG Hannover v. 4.2.1997 – 10 BV Ga 1/97, ZIP 1997, 474, dazu EWiR 1997, 369 (Schaub) = InVo 1997, 207; ArbG Kaiserslautern v. 19.12.1996 – 7 BVGa 2493/96, InVo 1997, 208, m. Anm. Hess/Weis, InVo 1997, 210 ff.; Zwanziger, BB 1998, 477; Caspers, Rn 421; Frankfurter Komm/Eisenbeis, § 122 Rn 27.
[88] So ArbG Hannover v. 4.2.1997 – 10 BV Ga 1/97, ZIP 1997, 474, dazu EWiR 1997, 369 (Schaub) = InVo 1997, 207; ArbG Hamburg v. 4.11.1997 – 25 GaBV 6/97, BB 1998, 428; zum Meinungsstand nach früheren Recht Schmidt/Uhlenbrock/Moll, S. 667 ff. m.w.N.; zum Recht der InsO Schaub/Schaub, ArbR-Hdb, § 93 Rn 108 ff.; Hess/Weis, InVo 1996, 309, 311; Berscheid, InVo 1997, 309, 312; Grunsky/Moll, Rn 308 ff. und 315 f. auch zu den Besonderheiten des Verfahrens und zum Wirksamkeitszeitpunkt des Beschlusses nach § 122 InsO; Haarmeyer, ZAP-Ost, Fach 14, 277, 280.
[89] Das LAG Niedersachsen v. 27.3.1997 – 16 a TaBV 18/97, ZIP 1997, 1201 dazu EWiR 1997, 685 (Schaub); das LAG Düsseldorf v. 19.11.1996 – 8 TaBV 80/96, DB 1997,1068 = EWiR 1997, 637 (Schaub) und das LAG Hamm v. 23.7.1997 – 13 TaBV 77/97, InVo 1997, 324 haben den Unterlassungsanspruch ausdrücklich verneint, das LAG Hamburg v. 26.6.1997 – 6 TaBV 5/97, ZIP 1997, 2205 m. Anm. Berscheid, dazu EWiR 1998, 197 (Schaub), bejaht; dazu auch Giesen, ZIP 1998, 142, 146 f.; Hohenstatt, NZA 1998, 846; zum Unterlassungsanspruch des Betriebsrates gegen Verletzungen des Mitbestimmungsrechts aus § 87 BetrVG allgemein BAG v. 3.5.1994 – 1 ABR 24/93, BB 1994, 2273.

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