Rz. 547

Das ArbSchG dient dazu, Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern.

Gesundheitsschutz ist der Oberbegriff.[1389] Der Begriff Arbeitsunfall ist in § 8 Abs. 1 SGB VII definiert, der Begriff Berufskrankheiten ergibt sich aus der Berufskrankheitenverordnung, § 9 Abs. 1 SGB VII.

 

Rz. 548

Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 ArbSchG Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Die Zweckbestimmung des Gesetzes bringt zum Ausdruck, dass Arbeitsschutzmaßnahmen dazu beitragen sollen, den erreichten Arbeitsschutzstandard in den Betrieben zu sichern und Sicherheit und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten zu verbessern, und dass damit der Arbeitsschutz eine ständige Aufgabe aller daran Beteiligten ist.[1390]

 

Rz. 549

Als gesetzliches Ziel wird die menschengerechte Gestaltung der Arbeit formuliert. Dieser Begriff tauchte 1972 zum ersten Mal in §§ 90, 91 BetrVG und 1973 in § 6 S. 1 ASiG auf. Der Gesetzgeber übernahm ihn in eine Reihe von Normen.[1391] Es handelt sich nicht um einen Programmsatz, sondern um eine Rechtspflicht des Arbeitgebers zur Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren.[1392]

Menschengerechte Gestaltung der Arbeit bedeutet letztlich Anpassung der Arbeit an den Menschen. Als Beurteilungszeitraum, ob die Arbeit menschengerecht gestaltet ist, ist die Dauer des gesamten Arbeitslebens heranzuziehen.[1393]

 

Rz. 550

Aus gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen liegen zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit mehrstufige, hierarchisch verknüpfte Systeme von Bewertungskriterien vor. Sie unterscheiden 5 aufeinander aufbauende Ebenen:[1394]

1. Ausführbarkeit der Arbeit
2. Aushaltbarkeit, Verträglichkeit, Schädigungslosigkeit
3. Beeinträchtigungsfreiheit
4. Zufriedenheit und Persönlichkeitsentfaltung
5. Sozialverträglichkeit.
 

Rz. 551

Für den betrieblichen Arbeitsschutz sind die gesundheitsnahen Ebenen 1–3 von Bedeutung.[1395] Sie formulieren ein zentrales Schutzziel der betrieblichen Arbeitsgestaltung. Ob die vorhandenen Arbeitsbedingungen ihm entsprechen, kann mithilfe folgender Leitfragen geprüft werden:[1396]

Führt die Tätigkeit zu Gesundheitsschäden z.B. durch Unfallgefahren?
Liegen die Arbeitsanforderungen innerhalb der Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit? Ist die Arbeit somit ausführbar?
Ist die Tätigkeit bei regelmäßiger Wiederholung (z.B. Schicht) über ein ganzes Berufsleben ohne gesundheitliche Einschränkungen ausführbar bzw. sind die kurzfristigen Beanspruchungsfolgen durch die gegebenen Arbeitspausen und die Freizeit auszugleichen?
Enthält die Tätigkeit auch planende und kontrollierende Elemente? Entspricht die Tätigkeit den Erwartungen des Beschäftigten?
Werden die Beschäftigten an der Arbeitsgestaltung beteiligt, d.h. können sie ihre Erfahrungen, Kenntnisse in den Gestaltungsprozess mit einbringen?
[1389] Richardi/Richardi, § 87 Rn 554; KKS/Hecht, SystDarst B Rd. 11.
[1390] BT – Drucksache 13/1350, S. 14.
[1391] § 28 JArbSchG v. 12.4.1976 (Überschrift), § 19 ChemG v. 26.9.1980, § 6 Abs. 1 ArbZG v. 6.6.1994, in § 2 Abs. 1 ArbSchG v. 7.8.1996, § 6 BetrSichV v. 3.2.2015.
[1392] HK-ArbSchR/ Schulze-Doll, § 2 ArbSchG Rn 10; Richardi/Annuß, § 90 Rn 29.
[1393] Richardi/Annuß, § 90 Rn 31; DKKW/ Klebe, § 90 Rn 33.
[1394] Pieper, § 2 ArbSchG Rn 9; Oppolzer, S. 64; BAuA/Hacker/Stab, Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung, 2014 S. 96 f. und in der fachlichen Stellungnahme im Webanhang zu diesem Buch.
[1395] Kollmer/Klindt/Schucht/Kohte, § 2 ArbSchG Rn 26.
[1396] Siehe TRBS (Technische Regel Betriebssicherheit) 1151 Nr. 2.3 Abs. 6, Stand Juni 2016.

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