(1) Überschrift

 

Rz. 255

Der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegt der "gesamte Komplex der Schichtarbeit",[786] insbesondere auch die Abgrenzung des im Schichtdienst arbeitenden Personenkreises, die zeitliche Lage der Schichten und damit der Schichtdauer sowie die Aufstellung der Dienstpläne einschließlich der konkreten Zuordnung der Mitarbeiter zu den einzelnen Schichten.

(2) Geltungsbereich § 1

 

Rz. 256

Die Schichtplanfestlegung wird in der Regel nicht alle Bereiche eines Betriebes betreffen, sondern vor allem z.B. die Produktion in einem Produktionsbetrieb oder auch einzelne Stationen in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung. Die Definition des Geltungsbereichs ermöglicht es, für jeden Bereich die passenden Arbeitszeitregelungen (mit dem notwendigen Flexibilisierungspotential) zu entwickeln. Denn die Anforderungen an die Arbeitszeitlage werden in der Verwaltung und dem Einkauf oder auch Vertrieb ganz andere sein als z.B. in der Produktion.

(3) Wöchentliche Arbeitszeit/Pausen, § 2

 

Rz. 257

Es empfiehlt sich, die Arbeitszeit und Pausen nach den betrieblichen Besonderheiten nochmals zu definieren, um unnötige Auseinandersetzungen zu vermeiden. Dabei sind die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze z.B. zu Umkleide[787]- und Reisezeiten[788] ebenso zu beachten wie die Einordnung der Arbeits- und Rufbereitschaft sowie des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit.[789]

[787] Zur Umkleidezeit als Arbeitszeit bei Hygienevorgaben und sonstiger behördlicher Verpflichtung – BAG 19.9.2012 – 5 AZR 678/11, NZA-RR 2013, 63; zur Umkleidezeit als Arbeitszeit bei auffälliger Dienstkleidung; BAG 25.4.2018 – 5 AZR 245/17, NZA 2018, 1081; BAG 17.11.2015 – 1 ABR 76/13, NZA 2016, 247, BAG 12.11.2013 – 1 ABR 59/12, NZA 2014, 557.
[789] Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst stellen Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie und des ArbZG dar – siehe hierzu EuGH 3.10.2000 – C-303/98, NZA 2000, 1227; hieran anschließend BAG 18.2.2003 – 1 ABR 2/02, NZA 2003, 742; BAG 28.1.2004 – 5 AZR 530/02, NZA 2004, 656; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn 29; zur Abgrenzung Rufbereitschaft von Überstunden – BAG 25.4.2007 – 6 AZR 799/06, NZA 2007, 1108. Zur Vergütung jedenfalls des Bereitschaftsdienstes mindestens in Höhe des Mindestlohnes – BAG 11.10.2017 – 5 AZR 591/16, NZA 2018, 32, Rn 12; BAG 18.11.2015 – 5 AZR 761/13, MDR 2016, 533; BAG 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12, MDR 2015, 403.

(4) Schichtdienst/Schichten

 

Rz. 258

Bei der Festlegung der Anzahl der Schichten und deren Lage sind die betrieblichen Notwendigkeiten ausschlaggebend. Dabei sind eine Vielzahl von Gestaltungen denkbar, die einen flexiblen Einsatz, variable Produktionszeiten, Ausnutzen der Maschinenlaufzeiten einerseits und Berücksichtigung der Freizeitinteressen der Arbeitnehmer und Vorhersehbarkeit ihres Arbeitseinsatzes andererseits berücksichtigen. Dabei können Freischichten im Rahmen des Schichtsystems einen Ausgleich zu einem bestimmten (z.B. tariflichen) Arbeitszeitvolumen (etwa im Rahmen einer 35-h-Woche) ermöglichen. Bei allen Gestaltungen sind die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes – insbesondere auch im Hinblick auf etwaige Genehmigungserfordernisse der Sonn- und Feiertagsarbeit (§§ 9, 10 ArbZG) – zu beachten.

Bei Durchführung von Nachtschichten sind nicht nur etwaige tarifliche Zuschläge zur Nachtarbeit zu gewähren, sondern auch bei fehlender Tarifbindung nach § 6 Abs. 5 ArbZG entweder eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder ein angemessener Zuschlag auf das Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Diesen angemessenen Zuschlag hat das BAG bei grundsätzlich 25 % angenommen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die auf eine höhere oder geringere Belastung schließen lassen. Bei Erbringung der Arbeitsleitung in Dauernachtarbeit erhöht sich der Ausgleichsanspruch regelmäßig auf 30 %.[790]

(5) Erstellung der (wöchentlichen/monatlichen/vierteljährlichen) Dienst-(Schicht-)pläne, Mitwirkung des Betriebsrats, § 4

 

Rz. 259

Nach der Rechtsprechung des BAG[791] sind "die Betriebsparteien frei in der Entscheidung, ob sie sich auf eine Regelung über die Grundsätze der Schichtplanung beschränken oder ob sie jeden einzelnen Schichtplan selbst aufstellen wollen. Begnügen sie sich mit der Regelung von Kriterien und Grundsätzen, ist es zulässig, die Aufstellung von Einzelschichtplänen nach diesen Vorgaben dem Arbeitgeber zu überlassen." Eine detaillierte Regelung aller Einzelheiten ist zur Wahrung des Mitbestimmungsrechts also nicht erforderlich, wenn der Betriebsrat bereit ist, dem Arbeitgeber mehr Freiheit in der Gestaltung der einzelnen Dienstpläne zu gewähren und die Betriebsparteien hierfür den erforderlichen Rahmen definieren. Zu solchen Rahmenregelungen gehören insbesondere Verfahrensregeln und Grundregeln zur Aufstellung der Schichtplanung. So kann die Rahmenregelung arbeitgeberseitige Gestaltungsmöglichkeiten für einen abstrakt-verbindlich beschriebenen Anlass und (bzw. oder) eine entsprechend zahlenmäßige Begrenzung vo...

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