Rz. 421

Wird die private Nutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts und das private Surfen zugelassen, so ist eine Kontrolle, außer in den oben aufgezeigten Fällen, nur mit der Einwilligung des Arbeitnehmers zulässig (§ 96 Abs. 3 TKG bzw. § 12 Abs. 1 TMG).

 

Rz. 422

Eine Einwilligung muss vor der betreffenden Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgen. Sie muss bestimmt sein und sich auf einen eindeutigen und genau umschriebenen Verarbeitungsvorgang beziehen.[1128] Weiterhin muss die Einwilligung auf informierter Basis erfolgen.[1129]

 

Rz. 423

Die Einwilligung soll nach Ansicht des Bundesdatenschutzbeauftragten auch konkludent durch die Privatnutzung bei Kenntnis der Gleichbehandlung der Daten der dienstlichen mit der privaten Nutzung erteilt werden können.[1130] Die Wirksamkeit einer derartigen konkludenten Einwilligung ist jedoch äußerst fraglich.[1131] Es sollte daher eine entsprechende ausdrückliche Einwilligung eingeholt werden.

 

Rz. 424

Schließlich muss die Einwilligung nach allgemeinen Grundsätzen freiwillig erfolgen. An die Freiwilligkeit sind im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses hohe Anforderungen zu stellen. Einen Maßstab liefert § 26 Abs. 2 BDSG: Häufig wird eingewandt, dass die Einwilligung gegenüber Arbeitgebern selten freiwillig sein kann, da den Arbeitnehmern häufig keine andere Wahl bliebe, als die geforderten Daten zur Verfügung zu stellen. Daher wird die Verwendung von Einwilligungserklärungen im Arbeitsverhältnis, insbesondere im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit des Datentransfers in internationalen Konzernen, von einigen Datenschutzbehörden kritisch gesehen.[1132] Von einem Teil der Literatur wird die Möglichkeit einer freiwilligen Einwilligung im Arbeitsverhältnis nahezu ausgeschlossen.[1133]

 

Rz. 425

Eine solche pauschale Betrachtungsweise wird jedoch den Unterschieden der verschiedensten Arbeitsverhältnisse nicht gerecht. Vielmehr wird in jedem individuellen Einzelfall abgewogen werden müssen, ob eine "soziale Zwangslage" die freie Entscheidung des Betroffenen so stark einschränkt, dass keine freiwillige Entscheidung mehr angenommen werden kann.[1134] Diese Voraussetzungen dürften etwa dann vorliegen, wenn die Einwilligung durch Ausnutzung einer wirtschaftlichen Machtposition oder durch eine arglistige Täuschung erlangt wurde.[1135] Nach Ansicht des Bundesdatenschutzbeauftragten kann die Gestattung der privaten Nutzung unter den Vorbehalt einer entsprechenden Einwilligung bzgl. eines gewissen Umganges mit den anfallenden Verbindungsdaten gestellt werden.[1136]

 

Rz. 426

Des Weiteren muss auch der jeweilige Kommunikationspartner einwilligen.[1137] Ein konkludentes Einverständnis ist ausreichend. Dies ist beispielweise anzunehmen, wenn sich aus einer E-Mail-Adresse die betriebliche Herkunft der Mail ergibt. In diesem Fall muss der Empfänger damit rechnen, dass Dritte am Herkunftsort Kenntnis vom Inhalt der Mail erhalten. Umgekehrt kann der Versender einer E-Mail nicht auf Geheimnisschutz vertrauen, wenn er eine E-Mail mit privatem Inhalt an eine betriebliche E-Mail-Adresse richtet.[1138]

 

Rz. 427

Der Arbeitgeber, der die Einwilligung als Rechtsgrundlage nutzt, muss sich jedoch bewusst sein, dass er sich hierbei mangels einschlägiger Rechtsprechung durchaus in einem rechtlichen Risikobereich befindet.

[1128] Zscherpe, MMR, 2004, 723, 725; Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn 148.
[1129] Zscherpe, MMR, 2004, 723, 725; Riesenhuber, RdA 2011, 257, 260.
[1130] Leitfaden "Internet am Arbeitsplatz", Stand 2008, https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Arbeitshilfen/LeitfadenInternetAmArbeitsplatzneu.pdf?__blob=publicationFile (aufgerufen am 10.10.2016).
[1131] Zscherpe, MMR 2004, 723, 725.
[1132] Vgl. Zscherpe, MMR 2004, 723, 727.
[1133] Zscherpe, MMR 2004, 723, 727.
[1134] Besgen/Prinz, § 10 Rn 59.
[1135] Zscherpe, MMR 2004, 723, 726; Däubler, Gläserne Belegschaften?, Rn 160.
[1136] Leitfaden zu datenschutzrechtlichen Grundsätzen bei der dienstlichen/privaten Internet- und E-Mail Nutzung am Arbeitsplatz, Sept. 2007, www.datenschutzbeauftragter.de.
[1137] OLG Karlsruhe 10.1.2005 – 1 Ws 152/04, MMR 2005, 178, 180 zum Tatbestandsmerkmal "unbefugt" in § 206 StGB; Härting, CR 2007, 311, 312; Schimmerpfennig/Wenning, DB 2006, 2290, 2292; a.A. Heidrich, MMR 2005, 178, 182.
[1138] Härting, CR 2007, 311, 313.

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