Rz. 1036

Infolge des Betriebs(teil)übergangs gehen die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer über, die der konkreten wirtschaftlichen Einheit zuzuordnen sind. Arbeitnehmer im Sinne der zugrundliegenden Richtlinie 2001/23 ist nach dem EuGH jede Person ist, die in dem betreffenden Mitgliedstaat aufgrund des einzelstaatlichen Arbeitsrechts geschützt ist, weil in der RL auf den jeweiligen nationalen Arbeitnehmerbegriff verwiesen wird.[2351] Daher gehen beispielsweise Geschäftsführeranstellungsverträge nicht nach § 613a BGB über.[2352] Für die Zuordnung der Arbeitnehmer beim Betriebsübergang stellt die Rechtsprechung im Rahmen einer Gesamtschau primär auf den Willen der Beteiligten ab, hilfsweise auf objektive Kriterien.[2353] Ist ein Arbeitnehmer in verschiedenen Bereichen tätig, so ist dabei in erster Linie auf den zeitlichen Aufwand und Arbeitseinsatz abzustellen.[2354] Der Arbeitnehmer muss in den Betriebsteil eingegliedert sein und es reicht nicht aus, wenn er nur Tätigkeiten für diesen verrichtet hat.[2355]

 

Praxistipp

Grundsätzlich obliegt dem Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts gemäß § 106 GewO die Untergliederung des Betriebs in Betriebsteile und die Zuordnung von Arbeitnehmern zu einzelnen Betriebsteilen. Sofern keine abweichenden Vereinbarungen im Arbeitsvertrag getroffen sind, kann der Arbeitgeber durch eine entsprechende Gestaltung beeinflussen, welche Arbeitnehmer bei einem späteren Betriebsübergang übergehen. Eine solche Gestaltung sollte jedoch in möglichst großem zeitlichen Abstand und inhaltlich unabhängig von einem konkret geplanten Betriebsübergang vorgenommen werden, da sonst das Risiko einer unwirksamen Zuordnung besteht.[2356] Die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einem Betriebsteil in einem Interessenausgleich erklärte das BAG wegen Verstoßes gegen § 613a BGB ausdrücklich für unwirksam.[2357] Zudem muss die Zuordnung – insbesondere bei einer Spaltung – zu einer übertragungsfähigen wirtschaftlichen Einheit erfolgen. Anderenfalls ist die Zuordnung im Interessenausgleich (trotz des ggf. § 323 Abs. 2 UmwG nach gelockerten Prüfungsmaßstabs) unwirksam.[2358]

[2351] EuGH 20.7.2017 – C-416/16NZA 2017, 1175.
[2352] BAG 13. 2. 2003 – 8 AZR 654/01, NZA 2003, 552; MünchArbR/Wank, § 142 Rn 133; Willemsen u.a./Schnitker, J 432; ErfK-Preis, § 613a BGB Rn 67; zweifelnd: MüKoBGB/Müller-Glöge, § 613a BGB Rn 82.
[2353] Vgl. BAG 21.2.2013 – 8 AZR 877/11, NZA 2013, 617, 620; BAG 25.9.2003 – 8 AZR 446/02, BeckRS 2003, 41875; BAG 13.2.2003 – 8 AZR 102/02, BeckRS 2003, 40650; BAG 18.3.1997 – 3 AZR 729/95, NZA 1998, 97 (Seeschiff); kritisch insges. Bauer, NZA 2009, Beil. 1, 5,11. Die Bedeutung der Prüfung der Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer wirtschaftlichen Einheit betont BAG 13.10.2011 – 8 AZR 455/10, NZA 2012, 504 = ZIP 2012, 488. Der EuGH 21.10.2010 – C-242/09 – Albron, NZA 2010, 1225 = NJW 2011, 439, nimmt unter Umständen bei langfristiger konzerninterner Arbeitnehmerüberlassung an, dass der für die wirtschaftliche Tätigkeit der übertragenen Einheit verantwortliche Entleiher trotz fehlender vertraglicher Beziehungen zu den Leiharbeitnehmern Veräußerer im Rahmen eines Betriebsübergangs sein kann.
[2356] LAG Köln 4.12.2018 – 4 Sa 962/17, NZA-RR 2019, 286 = BeckRS 2018, 38284, das eine Zuordnung kurz vor dem Übergang grundsätzlich für zulässig hält; dazu Krois DB 2019, 1799; vgl. auch Niklas/Ittmann, ArbRB 2013, 347.

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