Rz. 528

Für kaufvertragliche Gewährleistungsansprüche gilt grds. eine Verjährungsfrist von zwei Jahren gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB, es sei denn, der Mangel besteht in einem dinglichen Recht eines Dritten, aufgrund dessen Herausgabe der Kaufsache verlangt werden kann, oder in einem sonstigen Recht, das im Grundbuch eingetragen ist – dann gilt nach § 438 Abs. 1 Nr. 1 BGB eine Verjährungsfrist von 30 Jahren. Bei einem Bauwerk oder einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, gilt nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB eine Verjährungsfrist von fünf Jahren.

 

Rz. 529

Zu beachten ist, dass anders als für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 BGB nicht auf die Entstehung des Anspruchs und der Kenntniserlangung durch den Gläubiger abgestellt wird. Auch kommt es nicht auf eine Abnahme wie im Werkvertragsrecht an. Vielmehr beginnt die kaufvertragliche Verjährung bei Grundstücken mit der Übergabe, im Übrigen mit der Ablieferung der Sache beginnt, § 438 Abs. 2 BGB.

 

Rz. 530

Hierbei sieht § 438 Abs. 3 BGB für Fälle des arglistigen Verschweigens von Mängeln durch den Verkäufer eine Rückausnahme hin zur regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB vor, soweit nicht die einer ohnehin 30-jährigen Verjährungsfrist unterworfenen Mängelansprüche im Sinne des § 438 Abs. 1 Nr. 1 BGB betroffen sind. Im Fall sog. Bauwerksmängel im Sinne des § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB soll nach § 438 Abs. 3 S. 2 BGB die Verjährung jedoch nicht vor Ablauf der dort bestimmten Frist eintreten.

 

Rz. 531

Beim Verkauf von Gütern durch Unternehmer an Verbraucher darf § 475 Abs. 2 BGB zufolge die Verjährung der in § 437 BGB bezeichneten Ansprüche vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer nicht durch Rechtsgeschäft erleichtert werden, wenn die Vereinbarung zu einer Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn von weniger als zwei Jahren, bei gebrauchten Sachen von weniger als einem Jahr führt. Damit ist eine AGB-mäßige Verkürzung der zweijährigen Regelverjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB für Ansprüche aus Sachmängelhaftung bei neuen Sachen ausgeschlossen.[441]

 

Rz. 532

Für gebrauchte Waren eröffnet sich ein Spielraum, wonach die Verjährungsfrist auf bis zu einem Jahr verkürzt werden kann, wobei § 475 Abs. 2 letzter Hs. BGB auch offenlässt, ob diese Frist ebenso wie bei neuen Sachen frühestens ab der Ablieferung der Kaufsache im Sinne des § 438 Abs. 2 BGB anlaufen oder etwa schon mit Abschluss des Kaufvertrags beginnen kann.[442] Aufgrund des nicht eindeutigen gesetzlichen Wortlauts sollte man sich als Anwalt darauf einrichten, dass bei gebrauchten Sachen durch AGB geregelt sein kann, dass eine Verjährung bspw. innerhalb eines Jahres nach der Kaufvertragsschluss eintritt und eine solche Regelung statthaft ist.

 

Rz. 533

Trotz der ausdrücklichen Bezugnahme die in § 437 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BGB beschriebenen Mängelansprüche in § 438 Abs. 1 BGB wenden Teile der Rechtsprechung und Schrifttum gem. der schon vor der Schuldrechtsreform vertretenen Ansicht die Sonderreglung des § 438 BGB auch auf Ansprüche aus culpa in contrahendo und positiver Vertragsverletzung, obwohl sie ihre gesetzliche Grundlage in den §§ 280, 311, 241 BGB haben, oder etwa auf deliktische Ansprüche wegen sog. "weiterfressender Mängel", die ihre gesetzliche Grundlage jedoch in den §§ 823 ff. BGB haben, an.[443]

 

Rz. 534

Nachdem die Abgrenzung zwischen den Gewährleistungsansprüchen nach § 437 BGB auf der einen Seite und Regressansprüchen nach §§ 280, 311, 241 oder 823 BGB auf der anderen Seite schwierig sein kann, haftet der Tendenz, § 438 BGB analog der früheren Verjährungsschrift des § 477 BGB a.F. großzügig auch in Grenzfällen oder auch in vom Gesetz nicht erwähnten Fällen anzuwenden, ein erhebliches Risiko für den Anwalt an. Er ist daher gut beraten, wenn er rechtzeitig innerhalb der von § 438 BGB gezogenen zeitlichen Grenzen aktiv wird, selbst wenn es um Mangelfolgeschäden oder Nebenpflichtverletzungen geht, die nicht von den kaufvertraglichen Gewährleistungsvorschriften erfasst sind.

 

Rz. 535

Darüber hinaus sollte sich ein Anwalt durch die Regelungssystematik des § 438 Abs. 1 BGB nicht zur Annahme verleiten lassen, die dort geregelten Tatbestände für Verjährungsfristen von 30, fünf und zwei Jahren stünden gleichberechtigt nebeneinander. Diese Reihenfolge der Nr. 1 bis 3 in § 438 Abs. 1 BGB darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Grundsatz nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB von einer zweijährigen Verjährungsfrist auszugehen ist, die im Fall der Ausnahmen der § 438 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB auch fünf bzw. 30 Jahre betragen kann.[444] Entsprechend eng sind die Anwendungsvoraussetzungen für § 438 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB zu handhaben.

 

Rz. 536

Beispielsweise fällt der Verkauf eines Modellautos, das unter Verstoß gegen Markenrechte eines Automobilherstellers hergestellt und vertrieben worden war und beim Käufer infolge einer Abmahnung durch den Automobilhersteller zu Schäden geführt hat, unter ...

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