Rz. 314

Ein Rechtsanwalt verletzt die ihm obliegende Beratungspflicht, wenn er seinen Mandanten nicht über die Möglichkeit der Erbausschlagung und der damit verbundenen steuerlichen Vorteile belehrt und infolgedessen wegen des hohen Alters des Mandanten innerhalb kurzer Zeit zweimal (vom Mandanten und von seinen Kindern) Erbschaftsteuer entrichtet werden muss. Ein Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt ist jedoch nicht begründet, weil dem Mandanten kein Schaden entstanden ist.[250]

 

Rz. 315

Auch bei der Verfolgung eines Pflichtteilsanspruchs (siehe Rdn 332 ff.) muss der Rechtsanwalt vorsichtig sein, um nicht vorschnell und unkontrolliert Erbschaftssteuer zu Lasten seines Mandanten entstehen zu lassen. Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs besteht in dem ernstlichen Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben. Der Berechtigte muss seinen Entschluss, die Erfüllung des Anspruchs zu verlangen, in geeigneter Weise bekunden, die Höhe des Anspruchs aber nicht beziffern.[251] Der Pflichtteilsberechtigte kann sich darauf beschränken, vom Erben nur Auskunft nach § 2314 BGB zu verlangen – ggf. in Verbindung mit einer Stufenklage nach § 254 ZPO – und sich die Geltendmachung des Pflichtteils vorzubehalten. In diesem Falle entsteht noch keine Erbschaftssteuer für den Mandanten, denn der Anspruch aus § 2314 BGB löst keine Steuerpflicht aus.

[250] LG Köln, Urt. v. 14.3.1980 – 17 O 129/79 = NJW 1981, 351.

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