Rz. 180

Antrag, Widerantrag, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel und hilfsweise Aufrechnung sind in § 39 FamGKG geregelt.

Mit einem Antrag und einem Widerantrag geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Verfahren verhandelt werden, werden zusammengerechnet, § 39 Abs. 1 S. 1 FamGKG.

Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht, § 39 Abs. 1 S. 2 FamGKG.

Betreffen die Ansprüche im Falle eines Wider- oder Hilfsantrags denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend, § 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG.[110]

Derselbe Gegenstand ist dann anzunehmen, wenn dasselbe wirtschaftliche Interesse verfolgt wird.[111] Dies ist z.B. anzunehmen, wenn eine negative Feststellungsklage bzw. negativer Feststellungsantrag einem Leistungsanspruch (Unterhalt) gegenüber steht.[112]

 

Rz. 181

Werden in einem Güterrechtsstreit gegenläufige Leistungsanträge gestellt, weil jeder der Ehegatten/Lebenspartner einen Ausgleichsanspruch behauptet, liegen verschiedene Gegenstände vor, die Werte sind zu addieren.[113] Zur Vermeidung von Wiederholungen vgl. auch Rdn 159 (bei Auskunftsansprüchen) u. Rdn 448 ff.

 

Rz. 182

Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Verfahren verhandelt werden, ist § 39 Abs. 1 S. 1 und 3 FamGKG entsprechend anzuwenden.

 

Rz. 183

Macht ein Beteiligter hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Wert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht, § 39 Abs. 3 FamGKG.

 

Rz. 184

 

Beispiel

Ein getrennt lebendes Ehepaar wird geschieden. Die Geschiedenen hatten noch ein gemeinsames Konto unterhalten, von dem die monatlichen Ratenzahlungen für das Haus bezahlt wurden. Die Frau lebte weiter in dem Haus. Vereinbart war, dass sie sich um den Hausverkauf kümmern sollte. Für ihre Bemühungen sollte sie den sich nach Abzug der Verbindlichkeiten ergebenden Restkaufpreiserlös behalten dürfen. Eine schriftliche Abmachung wurde allerdings nicht getroffen. Die Frau bestritt während der Verkaufsphase sämtliche Nebenkosten sowie Reparaturkosten am Haus.

Nach rechtskräftiger Scheidung waren die geschiedenen Eheleute aufgrund eines harten Unterhaltsverfahrens dermaßen zerstritten, dass der Ehemann von der Vereinbarung nichts mehr wissen wollte. Er macht daraufhin einen Betrag von 9.000,00 EUR (hälftiger Restkaufpreiserlös) gerichtlich geltend. Die Frau bestritt die Forderung unter Verweis auf die getroffene Vereinbarung; im Übrigen erklärte sie hilfsweise die Aufrechnung mit den von ihr geleisteten Zahlungen:

Steuern 500,00 EUR; Reparaturkosten 6.200,00 EUR; Schneeräumung 150,00 EUR; Abwasserkosten 400,00 EUR; Strom 420,00 EUR; Kosten für den Gärtner 320,00 EUR; Kaminkehrerkosten 105,00 EUR; "Weihnachtsgeld Zeitungszulieferer" 20,00 EUR; Ersatz für Blumenkübel 35,00 EUR; Dachrinnenreinigung 240,00 EUR; Marderbeseitigung 1.670,00 EUR.

Die Antragsgegnerin kann die Absprache nicht nachweisen, so dass das Gericht von einer hälftigen Teilung der berechtigten Kosten und hälftigen Teilung des Restkaufpreiserlöses ausgeht. Es beschließt wie folgt:

Der Antrag auf Zahlung des hälftigen Restkaufpreiserlöses ist berechtigt und die Antragsgegnerin ist diesbezüglich zur Zahlung verpflichtet. Der Anspruch ist allerdings aufgrund der teilweise berechtigten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen in Höhe von 8.610,00 EUR erloschen, so dass die Antragsgegnerin nur noch zur Zahlung eines Betrages von 390,00 EUR nebst Zinsen verpflichtet ist. Das Gericht hat folgende Forderungen für berechtigt erkannt: Steuern 500,00 EUR; Reparaturkosten 6.200,00 EUR; Dachrinnenreinigung 240,00 EUR; Marderbeseitigung 1.670,00 EUR = 8.610,00 EUR.

Die übrigen hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen hat das Gericht nicht für berechtigt anerkannt, da die Antragsgegnerin das Haus während der maßgeblichen Zeiten alleine bewohnte und damit für die laufenden Kosten auch alleine aufzukommen habe. Es handelte sich dabei um die folgenden – hilfsweise zur Aufrechnung gestellten – Gegenforderungen: Schneeräumung 150,00 EUR; Abwasserkosten 400,00 EUR; Strom 420,00 EUR; Kosten für den Gärtner 320,00 EUR; Kaminkehrerkosten 105,00 EUR; "Weihnachtsgeld Zeitungszulieferer" 20,00 EUR; Ersatz für Blumenkübel 35,00 EUR, somit insgesamt: 1.450,00 EUR.

 
Der Gegenstandswert setzte sich wie folgt zusammen:
Forderung Restkaufpreiserlös 9.000,00 EUR
Steuern 500,00 EUR
Reparaturkosten 6.200,00 EUR
Schneeräumung 150,00 EUR
Abwasserkosten 400,00 EUR
Strom 420,00 EUR
Gärtner 320,00 EUR
Kaminkehrerkosten 105,00 EUR
Weihnachtsgeld Zeitungsmann 20,00 EUR
Ersatz für Blumenkübel 35,00 EUR
Dachrinnenreinigung 240,00 EUR
Marderbeseitigung 1.670,00 EUR
Gesamt, §§ 23 Abs. 1 RVG, 39 Abs. 3 FamGKG: 19.060,00 EUR

Da über alle hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergangen ist, sind alle Gegenforderungen zu addieren. Hierbei ist z...

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