Rz. 7

Einführender Hinweis: Soweit für das Fahrerlaubnisrecht das Verwaltungsverfahrensgesetz einschlägig ist, gelten die Regelungen des jeweiligen Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG). Die Bundesländer haben auf dem Gebiet des Verwaltungsverfahrens eigene Regelungen getroffen. Einige Bundesländer verfügen über vollständige gesetzliche Regelungen eines LVwVfG (Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen). Berlin, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen haben auf Vollregelungen des Verwaltungsverfahrensrechts verzichtet, sich auf wenige vom Bundesverwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) abweichende Regelungen beschränkt und im Übrigen auf das VwVfG verwiesen.[5] Die insgesamt einheitlich geregelten Grundzüge des Verwaltungsverfahrensrechts, insbesondere die Geltung von überwiegend wortlautgleichen landesrechtlichen Regelungen, erlauben es, dass bei den folgenden Ausführungen jeweils grundsätzlich auf das VwVfG abgestellt wird.

[5] Zu Einzelheiten und zu den entsprechenden Fundstellen des jeweiligen LVwVfG vgl. Kopp/Ramsauer, Einführung, Rn 6 ff. In Bayern sind Landesgesetze nicht nach Paragrafen (§) geordnet, sondern nach Artikeln (Art.).

I. § 25 VwVfG: Beratung und Auskunft

 

Rz. 8

Die Behörde hat – soweit erforderlich – Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten zu erteilen. Die Auskunft muss richtig, klar, unmissverständlich, eindeutig und vollständig sein.[6] Eine Rechtsberatung ist damit aber nicht institutionalisiert; die Behörde hat lediglich Auskünfte zu erteilen.[7]

 

Rz. 9

Die Verpflichtung beschränkt sich auf die erforderlichen Auskünfte. D.h., sie muss nur insoweit Auskunft erteilen, als dies erforderlich ist, damit der Beteiligte seine Rechte auch effektiv wahrnehmen und seine Pflichten im Verfahren ordnungsgemäß erfüllen kann.

 

Rz. 10

Wird eine fehlerhafte Auskunft erteilt, so kann dann Schadensersatz verlangt werden, wenn aufgrund der fehlerhaften Auskunft ein Schaden eingetreten ist.[8]

[6] BGH NJW 1992, 1230, 1231.
[7] Bei Beratungspflicht und Beratungsverschulden droht Amtshaftung, vgl. BGH zfs 1997, 211: zur Beratungspflicht des gesetzlichen Rentenversicherers und insbesondere zur Verpflichtung auf Hinweise bzgl. der Rechtslage i.R.d. Krankenversicherung. Zu den Auskunfts- und Akteneinsichtsrechten des Bürgers gegenüber der öffentl. Verwaltung siehe Vahle, DVP 2004, 45–50.
[8] BGH NJW 1992, 1230; zfs 1997, 211.

II. § 28 VwVfG: Anhörung

 

Rz. 11

Bevor ein VA ergeht, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, ist dem Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ausnahmen hierzu sind in § 28 Abs. 2 und 3 VwVfG normiert.

 

Rz. 12

Damit ist der Betroffene z.B. vor Entziehung der FE zu hören.[9] Gleiches gilt vor der Auferlegung des Führens eines Fahrtenbuches nach § 31a StVZO. Überhaupt ist immer dann anzuhören, wenn belastende Verwaltungsakte erlassen werden sollen.

 

Rz. 13

In der aus Gründen des "rechtlichen Gehörs" grundsätzlich notwendigen Anhörung darf – vor allem mit Blick auf die "Heilungsmöglichkeit des § 45 Abs. 2 VwVfG – keine bloß lästige Formalie gesehen werden. Schließlich dient die Anhörung auch einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung. Oft wird erst durch die Anhörung des Betroffenen klar, ob hinreichend konkrete Verdachtsmomente für eine fehlende Eignung bestehen.[10]"

 

Rz. 14

Ob und inwieweit auch vor der Ablehnung einer Vergünstigung angehört werden muss, ist umstritten.[11] Eine Anhörung hat aber sicher in den Fällen zu erfolgen, in denen es sich um die Ablehnung einer Kontrollerlaubnis im Rahmen eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt handelt. In den Fällen, in denen grundsätzlich ein Anspruch auf Erlaubniserteilung besteht, darf die Erlaubnis nur abgelehnt werden, wenn ausnahmsweise Gründe gegen die Erlaubniserteilung sprechen. Insoweit wird durch die Ablehnung in einen aufgrund des grundsätzlichen Anspruchs des Betroffenen geschützten Rechtskreis eingegriffen.

 

Rz. 15

Von der Anhörung kann im Rahmen des § 28 Abs. 2 VwVfG abgesehen werden. Eine zunächst unterbliebene Anhörung ist auch im Widerspruchsverfahren noch möglich. Eine fehlende Anhörung kann im Rahmen des § 45 Abs. 2 VwVfG geheilt werden. Grundsätzlich kommt eine Heilung durch Nachholung auch noch im gerichtlichen Verfahren in Betracht (§ 45 Abs. 2 VwVfG). Sie kommt aber dann zu spät, wenn sie nicht mehr zur Änderung der ergangenen Entscheidung führen kann, was bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage bzgl. eines erledigten VA begrifflich der Fall ist.[12] Da es sich bei der FE-Entziehung gem. § 46 Abs. 1 FeV um eine gebundene Entscheidung handelt, kommt bei fehlender Anhörung auch § 46 VwVfG in Betracht. Selbst wenn ein im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nach § 45 VwVfG nicht geheilter Verfahrensmangel vorliegt, so wäre er danach unbeachtlich, wenn bei dieser gebundenen Entscheidung offensichtlich ist, dass eine etwaige Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.[1...

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