Rz. 135
Eine Gegenstandsverschiedenheit liegt in den Fällen vor, in denen die einzelnen Gegenstände den Auftraggeber selbst betreffen, weil er die Gegenstände einzeln zu fordern oder zu erfüllen hat.[295] Eine Gegenstandsverschiedenheit kann im Erbrecht vorliegen,[296]
▪ | wenn jeder Pflichtteilsberechtigte seinen eigenen Pflichtteilsanspruch gegen den Erben geltend macht (Klage mehrerer Pflichtteilsberechtigter gegen Erben),[297] |
▪ | wenn mehrere Pflichtteilsberechtigte gegen den Erben auf Auskunft klagen,[298] |
▪ | wenn jeder Vermächtnisnehmer seinen eigenen Anspruch gegen den Erben geltend macht, |
▪ | wenn mehrere Vermächtnisnehmer auf Feststellung des jedem zustehenden Vorausvermächtnisses sowie auf Erfüllung von gleich hohen Vermächtnissen klagen,[299] |
▪ | wenn der Rechtsanwalt im Erbscheinsverfahren mehrere Erbprätendenten vertritt, wo jeder einen Erbschein über seinen Anteil an der Erbschaft geltend macht,[300] |
▪ | wenn mehrere Miterben gegen weitere Miterben auf Zustimmung zur Verteilung des Versteigerungserlöses verklagt werden,[301] |
▪ | wenn mehrere Testamentsvollstrecker für denselben Nachlass klagen,[302] |
▪ | wenn ein Erbvertrag angefochten und nachfolgend eine Klage erhoben wird, wobei hier unabhängig von dem Vorliegen mehrerer Auftraggeber verschiedene Angelegenheiten vorliegen[303] und |
▪ | wenn vor der Erbauseinandersetzung ein Erbscheinsverfahren betrieben wurde.[304] |
Beispiel
Erblasser E hat in seinem Testament seine Söhne A und B als Erben über den Nachlass in Höhe von 200.000 EUR eingesetzt. Nach seinem Tod erteilen die Töchter C und D dem Rechtsanwalt R den Auftrag, dass er ihre Pflichtteilsansprüche in Höhe von je 25.000 EUR gegen die Erben gerichtlich durchsetzen soll. Wie hoch ist die gesetzliche Vergütung des R bei Obsiegen nach dem RVG?
R wurde hier von mehreren Auftraggebern C und D mit der Durchsetzung ihrer Pflichtteilsansprüche beauftragt. Bei der Durchsetzung von mehreren Pflichtteilsansprüchen liegt Gegenstandsverschiedenheit vor, wodurch eine Erhöhung der Vergütung um 0,3 nach Nr. 1008 VV RVG ausscheidet. Vielmehr müssen die beiden Gegenstandswerte in Höhe von 25.000 EUR nach §§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 1 RVG i.V.m. §§ 39, 45 GKG zusammengefasst werden, wodurch sich Folgendes ergibt (RVG-Werte ab dem 1.1.2021):
Gegenstandswert | 25.000 EUR + 25.000 EUR = 50.000 EUR |
1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) | 1.662,70 EUR |
1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) | 1.534,80 EUR |
Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) | 20,00 EUR |
Umsatzsteuer 19 % (Nr. 7008 VV RVG) | 611,33 EUR |
Vergütungssumme | 3.828,83 EUR |
R hat gegen C und D einen Vergütungsanspruch in Höhe von 3.828,83 EUR.
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