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Am Anfang des Mandates steht die gründliche und umfängliche Sachverhaltsermittlung. Um den Mandanten pflichtgemäß vor Schäden zu bewahren und ihn entsprechend zu beraten und zu belehren, bedarf es zuvor einer sorgfältigen Aufklärung des Sachverhaltes. Zu den grundlegenden Pflichten des Anwalts gehört es, den rechtlich zu beurteilenden Sachverhalt sorgfältig und vollständig zu ermitteln. Immer dann, wenn nach den Umständen für eine zutreffende rechtliche Einordnung die Kenntnis weiterer Tatsachen erforderlich ist, deren rechtliche Bedeutung dem Mandanten nicht ohne Weiteres ersichtlich ist, darf sich der Anwalt nicht mit dem begnügen, was ihm sein Mandant berichtet, sondern er hat sich durch zusätzliche Fragen um eine ergänzende Aufklärung zu bemühen (BGH NJW 1994, 1472; 1994, 2223; 1998, 2048). Mit anderen Worten: Der Anwalt muss im Dialog mit seinem Mandanten auf eine umfassende Sachverhaltskenntnis hinarbeiten, was sich im Einzelfall nicht nur auf die Entgegennahme verbaler Sachverhaltsangaben durch den Mandanten beziehen kann, sondern darüber hinaus vielfach die Sichtung und das Studium der vom Mandanten beigebrachten oder beizubringenden Dokumente erfordert. Dieses kann im Einzelfall durchaus einen erheblichen Zeitaufwand darstellen, je nachdem wie viel Schriftverkehr der Mandant im Vorfeld entweder selbst geführt hat oder gegebenenfalls durch einen zuvor beauftragten Rechtsanwalt schon geführt worden ist. Hin und wieder kann dies ein zeitraubendes Unterfangen für den mandatierten Rechtsanwalt bedeuten. Dennoch ist dieses Zeitinvestment unabdingbare Voraussetzung für die Sachverhaltsermittlung und die sich daran anschließende Beurteilung der Sach- und Rechtslage, die der Anwalt dem Mandanten schuldet. Gegebenenfalls kann sogar ein Besuch des Anwalts in der Häuslichkeit des Mandanten oder aber bei längerem Krankenhausaufenthalt auch eine Besprechung mit dem Mandanten im Krankenhaus erforderlich sein.

Mitunter stellt man bei der Sachverhaltsermittlung fest, dass es widersprüchliche Informationen z.B. zum Unfallhergang gibt oder medizinische Befundunterlagen lückenhaft sind. Wenn der Mandant trotz schriftlicher Aufforderung an diesen Stellen nicht für Klarheit sorgt, besteht die Möglichkeit, dass der Anwalt versucht wird, zu instrumentalisieren. Konsequent ist es, ein Mandat bereits an dieser Stelle zu kündigen unter Hinweis darauf, dass das notwendige Vertrauensverhältnis nicht besteht. Eines ist sicher: eine für alle zufriedenstellende Regulierung wird es bei derartigen manipulativem Verhalten nicht geben können.

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