Rz. 183

Wegen § 17 Nr. 4a und b RVG sind Hauptsacheverfahren und einstweiliger Rechtsschutz jeweils eigene Angelegenheiten. Für jedes dieser Verfahren können also Verfahrensgebühr und Termingebühr entstehen. Auch ist in jedem Verfahrensabschnitt eine Einigungsgebühr denkbar.

Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG entsteht mit dem Auftrag zur Vertretung in dem Verfahren. Sie entsteht nur gekürzt, wenn es nicht zur Einreichung einer Antragsschrift bei Gericht kommt (siehe Rdn 130).

 

Rz. 184

Die Entstehung der Terminsgebühr hängt davon ab, wie die Entscheidung ergeht. Keine Terminsgebühr entsteht, wenn die Entscheidung im Beschlussweg ergeht. Diese Entscheidung ist prozessual ohne Terminierung vorgesehen. Eine Terminsgebühr kann also nicht entstehen.

 

Beispiel:

Rechtsanwalt C. Lever beantragt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die einstweilige Einstellung einer Modernisierungsmaßnahme. Die Entscheidung ergeht im Beschlussweg. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gegenstandswert: 2.500,00 EUR

 
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV 288,60 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  308,60 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 58,64 EUR
  367,24 EUR
 

Rz. 185

Ergeht die Entscheidung nach einer mündlichen Verhandlung, so wird mit einem Urteil entschieden; §§ 936, 922 ZPO. Im Falle eines Widerspruches gegen den Arrestbeschluss oder die einstweilige Verfügung muss wegen § 925 ZPO ebenfalls im Urteilsverfahren entschieden werden. Hierfür ist die mündliche Verhandlung vorgesehen; § 924 Abs. 2 S. 2 ZPO. In diesem Fall entsteht die Terminsgebühr.

 

Beispiel:

Im vorangegangenen Fall legt der Gegner Widerspruch ein. Es ergeht ein Urteil. Die Gebühren berechnen sich nun:

Gegenstandswert: 2.500,00 EUR

 
1,3 Verfahrensgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV 288,60 EUR
1,2 Terminsgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3305 VV 266,40 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  575,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 109,25 EUR
  684,25 EUR

Das Verfahren über die Aufhebung des Arrestes oder der Verfügung, z.B. wegen Erledigung der Angelegenheit, stellt dieselbe Angelegenheit dar und löst keine eigenen Gebühren aus; § 16 Nr. 5 RVG. Die Gebühren können natürlich erst in diesem Teil des Verfahrens entstehen, wenn der Rechtsanwalt erst hier tätig wird.

 

Rz. 186

Das folgende Hauptsacheverfahren stellt eine eigene Angelegenheit dar; § 17 Nr. 4a und b RVG. Die Verfahrens- und Terminsgebühren entstehen im Hauptsacheverfahren erneut.

Nach Abschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und vor Einleitung des Hauptsacheverfahrens kommt es häufig zu weiteren außergerichtlichen Verhandlungen zwischen den Parteien, die mitunter auch zur endgültigen Regelung der Angelegenheit führen. Im Wettbewerbsrecht ist inzwischen selbstverständlich, dass für diese Tätigkeit eine eigene Geschäftsgebühr entsteht.[211] Die Argumentation lässt sich aber auch auf andere zivilrechtliche Streitigkeiten erstrecken. Sie basiert auf der Feststellung, dass einstweiliger Rechtsschutz und Hauptsacheverfahren unterschiedliche Gebührentatbestände sind. Hinzu kommt, dass mit dem einstweiligen Rechtsschutz im Regelfall gerade keine Vorwegnahme der Hauptsache einhergehen soll. Es werden also meist tatsächlich unterschiedliche Streitgegenstände behandelt. Daraus ergibt sich, dass die vorgerichtliche Tätigkeit vor dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren und die vor dem Hauptsacheverfahren jeweils eine eigene Geschäftsgebühr auslösen.

[211] BGH, Urt. v. 4.3.2008 – VI ZR 176/07, http://lexetius.com/2008,527; Urt. v. 12.3.2009 – IX ZR 10/08, http://lexetius.com/2009,692.

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