Rz. 68

Eine Angelegenheit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt aufgrund eines einheitlichen Auftrages innerhalb desselben Rahmens tätig wurde und zwischen den einzelnen Handlungen oder Streitgegenständen ein innerer Zusammenhang besteht.[80]

§ 22 RVG sieht innerhalb dieser Angelegenheit vor, dass bei der Geltendmachung mehrere Ansprüche der Wert der Ansprüche addiert wird und sich die Gebühren dann aus der Summe dieser Gegenstände errechnet. Dies gilt auch, wenn der Rechtsanwalt mehrere Personen vertritt.[81]

Wenn aber der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit auch derselbe ist, ist nach Nr. 1008 VV RVG die Addition der Streitwerte untersagt. Hier fällt die Mehrvertretungsgebühr an. Das ist insbesondere gegeben, wenn den vertretenen Personen der Anspruch gemeinsam zusteht (z.B. bei Gesamtgläubigern) oder diese sich gegen den gleichen Anspruch verteidigen (z.B. bei Gesamtschuldnern).

In Fällen des § 22 RVG kann ein Mehrvertretungszuschlag nicht anfallen.

 

Beispiel:

Der Rechtsanwalt vertritt ein Ehepaar mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus einer vorgeschobenen Eigenbedarfskündigung ihres Vermieters. Die Mieter machen die Mehrkosten der neuen Mietwohnung in Höhe von 2.200,00 EUR und Umzugskosten i.H.v. 800,00 EUR geltend. Außerdem beanspruchen beide wegen des längeren Arbeitsweges von der neuen Wohnung erhöhte Fahrtkosten. Diese betragen bei der Ehefrau 500,00 EUR und beim Ehemann 1.500,00 EUR. Hinsichtlich der erhöhten Mietkosten und Umzugskosten steht der Anspruch den Ehepartnern als Gesamtgläubiger zu. Hier ist der Gegenstandswert mit 2.200,00 EUR und 800,00 EUR zu addieren. Auf diese Kosten fällt eine Mehrvertretungsgebühr an.

Bei den Fahrtkosten handelt es sich um den individuellen Schaden jedes Mieters, dem unterschiedliche Einwendungen entgegenstehen können. Auch hier sind die Gegenstandswerte zu addieren. Es fällt aber keine Mehrvertretungsgebühr an, da hier bei jedem Anspruch jeweils nur ein Mandant vertreten wird.

 

Gegenstandswert: 5.000,00 EUR (2.200,00 EUR + 800,00 EUR + 500,00 EUR +1.500,00 EUR)

für die Mehrvertretung: 3.000,00 EUR (2.200,00 EUR + 800,00 EUR)
   
1,3 Geschäftsgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 2300 VV   434,20 EUR
0,3 Erhöhungsgebühr, § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 1008 VV   66,60 EUR
Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
Zwischensumme 520,80 EUR  
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   98,95 EUR
Endsumme   619,75 EUR
[80] Baumgärtel in Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, § 15 Rn 7, Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, § 15 Rn 5.
[81] Enders, RVG für Anfänger, Rn 484.

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