Rz. 7

Die seit 1901 bestehende materielle Staatsaufsicht des früheren Bundesaufsichtsamtes ist durch das Dritte Durchführungsgesetz/EWG zum VAG wesentlich verändert worden: Versicherungsunternehmen mit Sitz in der europäischen Gemeinschaft erhalten in ihrem jeweiligen Herkunftsland einen "europäischen Pass", durch den sie in sämtlichen Mitgliedstaaten tätig werden dürfen. Sie unterliegen hierbei nur der Rechts- und Finanzaufsicht des jeweiligen Herkunftsstaates.

 

Rz. 8

Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen ist seit dem 1.5.2002 mit dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen und den Wertpapierhandel zu einer einheitlichen Behörde, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin), verschmolzen worden.

 

Rz. 9

Die deutschen Versicherungsunternehmen werden damit auch weiterhin der Rechts- und Finanzaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterstellt, und zwar für ihre gesamte Tätigkeit in den Mitgliedstaaten der europäischen Gemeinschaft.

 

Rz. 10

Die bisherige Genehmigungspflicht von Tarifen und Bedingungen ist 1994 entfallen, so dass nunmehr auch die deutschen Versicherer Tarife und Bedingungen frei bestimmen dürfen. Die einzige Inhaltskontrolle der Allgemeinen Versicherungsbedingungen erfolgt nunmehr nur noch durch die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere die des früheren AGB-Gesetzes[1] (nunmehr: §§ 305 ff. BGB).

 

Rz. 11

Gleichwohl wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auch in Zukunft eine AVB-Kontrolle ausüben: Gemäß § 81 Abs. 1 und 2 VAG ist die Behörde befugt, Maßnahmen gegen Versicherungsunternehmen zu ergreifen, die geeignet und erforderlich sind, einen Missstand zu vermeiden oder zu beseitigen.[2]

 

Rz. 12

Die Gestaltungsfreiheit bei den Versicherungsbedingungen findet ihre Grenzen in den nationalen Gesetzen und dem von der Europäischen Gemeinschaft vorgeschriebenen Mindeststandard, wie z.B. in der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung.

 

Rz. 13

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wird nicht in Einzelfällen tätig, so dass die von vielen Rechtsanwälten gern als "Allzweckwaffe" erhobene Beschwerde bei dieser Behörde in der Regel keinen Erfolg hat und sich oft sogar als kontraproduktiv erweist, da eine Verhärtung der "Fronten" eintritt, weil Versicherer gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nur in Ausnahmefällen ein Fehlverhalten zugeben.

 

Hinweis

Eine Beschwerde bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht dient in der Regel nur der Verzögerung sowie der Beruhigung des Mandanten und des schlechten Gewissens wegen des fehlenden Mutes oder der fehlenden Sachkenntnis für eine ordnungsgemäße Deckungsklage.

[1] Vgl. Schimikowski, r+s 1996, 1 ff.
[2] Vgl. Römer, Der Prüfungsmaßstab bei der Missstandsaufsicht nach § 81 VVG und der AVB-Kontrolle nach § 9 AGB-Gesetz, Münsteraner Reihe, Heft 32, Verlag Versicherungswirtschaft e.V., Karlsruhe 1996.

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