Rz. 29

Die Notwendigkeit für eine gerichtliche Regelung des Umgangsrechts besteht erst, wenn die Eltern nicht in der Lage sind, eine wirksame Vereinbarung hierüber zu treffen.[84] Verfügt mindestens ein Elternteil über das Sorgerecht, so können die Eltern zur Ausgestaltung des Umgangsrechts eine einvernehmliche Regelung treffen.[85] Auch wenn das Umgangsrecht nicht zur alleinigen Disposition der Eltern steht, sind gleichwohl Vereinbarungen, soweit sie dem Kindeswohl nicht widersprechen, sinnvoll.

 

Rz. 30

Eine solche Elternvereinbarung kann auch im Rahmen eines gerichtlich anhängigen Umgangsverfahrens abgeschlossen werden. Sie allein beendet indes das Verfahren nicht. Hierzu bedarf es vielmehr der gerichtlichen Billigung der Vereinbarung.[86] Durch die Billigung bringt das Gericht zum Ausdruck, dass es sich die Elternvereinbarung zu Eigen macht.[87] Vor dem Inkrafttreten des FamFG geschah dies regelmäßig dadurch, dass die Vereinbarung durch das Familiengericht zum Beschluss erhoben und somit von diesem als eigene Entscheidung übernommen wurde. Seit dem 1.9.2009 hat § 156 Abs. 2 FamFG dies in das Institut des gerichtlich gebilligten Vergleichs überführt. Hiernach ist die einvernehmliche Regelung des Umgangsrechts als Vergleich zu protokollieren und vom Gericht zu billigen, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht, § 156 Abs. 2 S. 2 FamFG (siehe im Einzelnen Rdn 237 f.). Nur durch diese Billigung hat der Vergleich verfahrensbeendende Wirkung.[88]

 

Rz. 31

Haben sich die Eltern über die konkrete Ausgestaltung des Umgangs verständigt, so liegt hierin eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung mit der Konsequenz, dass Verstöße auch Ersatzansprüche auslösen können, etwa wenn eine Regelung über einen Fahrtkostenersatzanspruch getroffen wurde.[89] Eine elterliche Vereinbarung ist bis zur Überlagerung durch eine vertragliche oder gerichtliche Änderung verbindlich.[90] Eine Änderung unterliegt nicht den Anforderungen des § 1696 Abs. 1 BGB, auch nicht analog,[91] sondern setzt eine Änderung der Geschäftsgrundlage unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohls voraus.[92] Entspricht allerdings eine Abänderung dem gemeinsamen Wunsch der Eltern, so ist sie jederzeit möglich.

 

Rz. 32

Haben die Eltern das Umgangsrecht durch notarielle Vereinbarung geregelt, so ist diese mangels gerichtlicher Verfügung nicht vollstreckbar, wobei auch eine nachträgliche gerichtliche Billigung nicht möglich ist. Eine solche Billigung setzt immer voraus, dass ein Umgangsrechtsverfahren vorausgegangen ist, das mit einer Elternvereinbarung endete,[93] die als gerichtlich gebilligter Vergleich übernommen wurde.

Wird eine von der Vereinbarung abweichende gerichtliche Regelung erstrebt, so ist dem Folge zu leisten, wenn gewichtige Kindeswohlgründe dies erfordern.[94]

Diese Erwägungen finden auch Anwendung auf Vereinbarungen, die zwischen den Eltern bzw. einem Elternteil und einem nach § 1685 BGB umgangsberechtigten Dritten[95] oder dem nach § 1686a BGB umgangsberechtigten leiblichen, nicht rechtlichen Vater geschlossen wurden.

[84] BVerfG FamRZ 1995, 86.
[85] Oelkers, FPR 2000, 250; Krabbe, FPR 1995, 86.
[86] BGH FamRZ 1988, 277; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 522.
[87] BGH FamRZ 1988, 277.
[88] OLG Frankfurt FamRZ 2014, 53; NZFam 2014, 610.
[89] OLG Zweibrücken FuR 1999, 21.
[90] OLG Frankfurt FamRZ 2003, 250.
[92] In dieser Richtung wohl auch OLG Köln FamRZ 2013, 1591; offen lassend OLG Nürnberg FamRZ 2014, 859.
[94] OLG Frankfurt FamRZ 2003, 250; 1988, 1315.
[95] OLG Frankfurt FamRZ 2003, 250.

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