Rz. 210

Die Geltendmachung dieses Anspruches muss nicht dem Kindeswohl dienen, sondern darf ihm lediglich nicht widersprechen.[804] Das Kindeswohl ist daher nicht Maßstab des Auskunftsrechts, sondern lediglich seine Grenze.[805] Deshalb ist der Auskunftsanspruch nur in Ausnahmefällen einzuschränken.

Folglich darf die Auskunft nur verweigert werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch die Erfüllung das Kindeswohl beeinträchtigt werden kann,[806] also eine akute Gefahr des Missbrauchs durch den Auskunftsberechtigten besteht und mildere Mittel zum Schutz des Kindes nicht verfügbar sind.[807] Die Ziele des die Auskunft begehrenden Elternteils sind aber nur dann von Belang, wenn durch ihre Realisierung konkret in den Lebenskreis des Kindes eingegriffen wird. Ein Auskunftsanspruch kann daher selbst dann verfolgt werden, wenn der Berechtigte lediglich seine eigene Unterrichtung erstrebt.[808] Allein aus der unmittelbar bevorstehenden Volljährigkeit des Kindes – als zeitliche Grenze des Auskunftsanspruchs und der Kontaktablehnung seitens des Kindes – kann nicht bereits abgeleitet werden, dass durch die Auskunft das Wohl des Kindes beeinträchtigt würde. Gerade in einer solchen Situation der Kontaktablehnung greift die Bedeutung des Auskunftsanspruchs ein. Auch die Rücksichtnahme auf die Persönlichkeitssphäre eines Jugendlichen kann nicht allein zur Verneinung des Auskunftsanspruches führen.[809] So kann etwa dem Auskunftsberechtigten erforderlichenfalls untersagt werden, zur Verfügung gestellte Fotos an dritte Personen, also vorrangig Personen außerhalb des familiären Umfelds, weiterzugeben.[810] Steht aufgrund konkreter Umstände fest, dass die Auskunft kindeswohlwidrig verwendet wird, etwa wenn der Auskunftsberechtigte ein aktuelles Foto des Kindes fordert, obwohl er frühere Fotos trotz Abmahnung zu kindeswohlwidrigen Zwecken auf seine Homepage eingestellt hat, so kann der Auskunftsanspruch – als ultima ratio – auch ganz versagt werden.

[804] OLG Schleswig FamRZ 1996, 1355; OLG Hamm FamRZ 1995, 1288.
[805] BT-Drucks 13/4899, S. 107; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.3.2014 – 9 WF 83/13 (n.v.); BayObLG FamRZ 1993, 1487.
[806] OLG Hamm FamRZ 1997, 693; vgl. auch EuGHMR FamRZ 2011, 1715.
[807] OLG Hamm MDR 2010, 88.
[808] BayObLG FamRZ 1993, 1487.
[809] BayObLG FamRZ 1993, 1487.
[810] OLG Hamm FamRZ 2010, 909.

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