Rz. 60
In der zu erlassenden familiengerichtlichen Entscheidung ist das Umgangsrecht entweder einheitlich und konkret zu regeln oder – soweit es das Kindeswohl erfordert – konkret einzuschränken oder auszuschließen.[218] Aufgrund dieses Konkretheitsgebotes[219] (siehe im Einzelnen – auch mit Formulierungsbeispielen – § 6 Rdn 16 ff.) – das auch für den begleiteten Umgang,[220] für den Fall der Anordnung einer Umgangspflegschaft (siehe dazu Rdn 39 ff.) und das Umgangsrecht anderer Bezugspersonen des Kindes[221] gilt – darf sich die gerichtliche Entscheidung einerseits nicht darauf beschränken, einen Umgangsrechtsantrag abzulehnen.[222] In engen Ausnahmefällen kann allerdings aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Feststellung in Betracht kommen, dass es einer familiengerichtlichen Regelung des Umgangs derzeit nicht bedarf. Dies gilt etwa, wenn die Beteiligten sich darauf verständigen, dass der Umgangsberechtigte einen Umgang mit den Kindern für die Dauer einer Therapie des Kindes ohnehin nicht ausüben will und einen künftigen Umgang u.a. von den Fortschritten während der Therapie abhängig macht.[223] Mangels Umgangsausschluss darf der Umgangsberechtigte dann allerdings jederzeit die Einleitung eines neuen Umgangsverfahrens anregen, das dann mangels konkreter gerichtlicher Umgangsregelung (§ 1696 Abs. 1 BGB) am Maßstab von § 1684 BGB zu messen ist.
Rz. 61
Andererseits darf das Gericht auch keine Teilentscheidung treffen. Mithin kann es weder eine "Grundentscheidung" erlassen, in der es sich die nähere Ausgestaltung einzelner Fragen des Umgangsrechts vorbehält – so etwa die Person des Umgangsbegleiters oder Zeit und Ort des Umgangs[224] – noch die Regelung des Umgangs ganz oder teilweise in die Hände eines Dritten zu legen, soweit dieser nicht (wie teilweise der Umgangspfleger, vgl. dazu Rdn 39 ff.) durch das Gesetz mit sorgerechtlichen Befugnissen ausgestattet ist.[225] Wird ein zwischen den Kindeseltern im gerichtlichen Verfahren geschlossener Vergleich nicht durch das Familiengericht gebilligt, so muss das Gericht über die ursprünglichen widerstreitenden Anträge entscheiden[226] und kann nicht etwa das Verfahren für beendet erklären.
Rz. 62
Denn durch all diese Verfahrensweisen wird ein Zustand geschaffen, in dem keine oder keine vollstreckbare Umgangsregelung existiert. Dies ist für die Beteiligten nicht zumutbar. Im Ergebnis hätte das Gericht die erstrebte Hilfe verweigert, verbunden mit der auf Seiten des betroffenen Elternteils entstehenden Unsicherheit darüber, in welcher Form er tatsächlich das Recht wahrnehmen darf bzw. in welchem Zeitabstand er berechtigt sein wird, einen neuen Antrag zu stellen. Diese Situation der Unsicherheit würde in gleichem Maß auch das Kind betreffen. Ein solcher Rechtszustand stünde daher im Widerspruch zu der besonderen Bedeutung, die dem Umgangsrecht als einer verfassungsrechtlich geschützten Rechtsposition zukommt. Dies gilt gerade in hochstreitigen Umgangsverfahren umso mehr. Denn eine Verzögerung der Umsetzung der Umgangsentscheidung wirkt sich regelmäßig nachteilig insbesondere für den Umgangsberechtigten aus,[227] weshalb grundsätzlich wegen des ihm in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich verbrieften Justizgewährungsanspruchs – vorbehaltlich entgegenstehender gewichtiger, dem stets letztentscheidenden Kindeswohl[228] geschuldeter Gründe – auch eine zügige Vollstreckung kindschaftsrechtlicher Entscheidungen (vgl. dazu § 6) angezeigt ist.[229] Vergleichbare Grundsätze können im Verhältnis zwischen Eltern und Pflegeeltern herangezogen werden.[230]
Rz. 63
(Zur Frage der Billigungsfähigkeit eines ganz oder teilweise nicht vollstreckbaren Vergleichs siehe Rdn 242).
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