Rz. 154

Um seine Haftungsrisiken abzudecken, hat der Rechtsanwalt grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

 

Rz. 155

Einerseits kann und muss der Rechtsanwalt nach § 51 BRAO eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren unterhalten. Die Haftpflichtversicherung muss sich dabei auf diejenigen Vermögensschäden erstrecken, für die der Rechtsanwalt nach §§ 278 oder 831 BGB einzustehen hat. Für Partnerschaften mit beschränkter Berufshaftung enthält § 51a BRAO weitere Regelungen. Die Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung besteht auch dann, wenn der Rechtsanwalt von seiner Kanzleipflicht im Inland befreit ist und nur im Ausland seine Kanzlei betreibt.[200]

 

Rz. 156

Nach § 51 Abs. 4 BRAO beträgt die Mindestversicherungssumme 250.000 EUR für jeden einzelnen Versicherungsfall, wobei die Versicherungssumme für ein Jahr auf das Vierfache dieser Mindestversicherungssumme, d.h. auf 1 Mio. EUR, begrenzt werden kann.

Die Nichtunterhaltung einer Versicherung führt regelmäßig zum Widerruf der Zulassung.[201]

Der Rechtsanwalt hat den Mandanten vor Abschluss des Anwaltsvertrages auf Angaben zur Haftpflichtversicherung, den Namen und Anschrift sowie räumlichen Geltungsbereich zu informieren, § 2 Abs. 1 Nr. 11 DL-InfoV. Diese Information kann z.B. entweder auf der Internetseite oder vor Mandatsentgegennahme gesondert dem Mandanten zur Verfügung gestellt werden. Unabhängig hiervon hat die Rechtsanwaltskammer einem Dritten zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen Namen und Adresse sowie Versicherungsnummer der Berufshaftpflichtversicherung zu nennen, soweit der Rechtsanwalt kein schutzwürdiges Interesse an der Nichtbeauskunftung hat, § 51 Abs. 6 S. 2 BRAO.[202]

 

Rz. 157

Selbstverständlich bieten die Berufshaftpflichtversicherer auch die Versicherung höherer Risiken an.

 

Rz. 158

 

Tipp

Der Rechtsanwalt muss darauf achten, dass er bei der zu treffenden Bemessung der Haftpflichtversicherungssumme nicht nur den möglichen Streitwert von übernommenen Mandaten bedenkt, sondern darüber hinaus erfasst, dass die Vermögensschäden durch eine fehlerhafte Beratung oder Interessenvertretung in der Sache weitaus höher liegen können. Soweit ein einzelnes Mandat besondere Risiken birgt und der Rechtsanwalt sich hiergegen besonders versichert, kann die Übertragung der Kostenlast für die Zusatzversicherung auf den Mandanten durchaus im Rahmen einer Honorarvereinbarung erfolgen.

 

Rz. 159

Ungeachtet dieser Versicherung gegen Haftungsfälle hat der Rechtsanwalt andererseits nach § 52 BRAO auch die Möglichkeit, seine Haftung gegenüber dem Mandanten aus dem bestehenden Anwaltsvertrag zu beschränken, soweit der Schaden allein auf einer fahrlässigen Verursachung durch den Rechtsanwalt beruht.

 

Rz. 160

Nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 BRAO kann die Haftung im Einzelfall durch eine schriftliche Vereinbarung bis zur Höhe der Mindestversicherungssumme d.h. bis zu 250.000 EUR beschränkt werden.[203]

 

Rz. 161

Das Schriftformerfordernis bedeutet, dass die Vertragsurkunde sowohl durch den Rechtsanwalt als auch durch seinen Mandanten zu unterzeichnen ist, wenn nicht die elektronische Form nach § 126 Abs. 3 i.V.m. § 126a ZPO gewählt wird.

 

Rz. 162

Die Haftungsbeschränkung nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 BRAO als Individualvereinbarung darf sich dabei auf alle Formen der Fahrlässigkeit, d.h. auch auf Schäden, die durch ein grob fahrlässiges Verhalten des Rechtsanwaltes entstanden sind, beziehen.

 

Rz. 163

Eine wirksame Vereinbarung im Einzelfall liegt allerdings nur vor, wenn diese individuell getroffen wird, d.h. die Haftungsbeschränkung im Einzelnen besprochen wurde und das Verhandlungsergebnis im Hinblick auf die Frage, ob und in welcher Weise die Haftung begrenzt wird, ernsthaft zur Disposition steht.

 

Rz. 164

Verwendet der Rechtsanwalt vorformulierte Vertragsbedingungen[204] für die Haftungsbeschränkungen, so kann er seine Haftung nur für die Fälle einfacher Fahrlässigkeit beschränken. Darüber hinaus kann die Beschränkung nur auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme, d.h. auf 1 Mio. EUR erfolgen.

 

Rz. 165

 

Tipp

Da der Rechtsanwalt eine Vielzahl von Mandaten betreut, besteht die Gefahr, dass er trotz des Willens, eine individuelle Haftungsbeschränkung zu vereinbaren, immer wieder auf ein und denselben Text zurückgreift. Auch besteht die Gefahr, dass er bestimmte Fälle nur unter der Voraussetzung der Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung übernimmt, d.h. diese gerade nicht mehr ernsthaft zur Disposition stellt. In diesem Fall wird es sich um eine vorformulierte Haftungsbeschränkung handeln, die den Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Nr. 2 BRAO unterliegt. Aus diesem Grunde sollte der Rechtsanwalt bemüht sein, möglichst viele Einzelheiten des konkreten Auftragsverhältnisses in die Individualvereinbarung aufzunehmen.

 

Rz. 166

 

Tipp

Der Rechtsanwalt muss insgesamt darauf achten, dass sein Versicherungsschutz einerseits und die vereinbarten Haftungsbeschränkungen andererseits keine Deckungslücke in seiner Haftung entste...

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