Rz. 55

Der Anwaltsvertrag stellt regelmäßig einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter nach §§ 675 ff. i.V.m. 611 ff. BGB dar.[63]

 

Rz. 56

Wird der Rechtsanwalt lediglich mit einer gutachterlichen Stellungnahme, Erstellung von Vertragsentwürfen[64] oder AGB beauftragt, kann im Einzelfall auch ein Werkvertrag angenommen werden. Wenn der Rechtsanwalt den Eintritt eines Verhandlungserfolgs garantiert, begründet dies jedoch kein Garantieversprechen im Hinblick auf einen versprochenen Erfolg, soweit nicht erkennbar ist, dass der Rechtsanwalt auch die Verpflichtung übernehmen will, den Mandanten schadlos zu halten. Dies entspreche dem grundsätzlich dienstvertraglichen Charakter des Anwaltsvertrages.[65]

 

Rz. 57

Der Gegenstand des Anwaltsvertrags muss auf eine rechtliche Beratung ausgerichtet sein. Tritt die rechtsberatende Tätigkeit des Anwalts neben anderen Tätigkeiten völlig in den Hintergrund und erscheint deshalb als unwesentlich, liegt keine anwaltliche, sondern eine berufsfremde Tätigkeit vor. Im Zweifel ist jedoch von einem Anwaltsvertrag auszugehen.[66] Ein Anwaltsvertrag im vorstehenden Sinne kann auch anwaltsfremde Maßnahmen umfassen, falls diese in einem engen inneren Zusammenhang mit der rechtlichen Beistandspflicht stehen und auch Rechtsfragen aufwerfen können.

 

Rz. 58

 

Hinweis

Liegt eine berufsfremde Tätigkeit vor, besteht mangels Anwendung des RVG kein Vergütungsanspruch nach dem RVG, die kurze Verjährung nach § 51b BRAO scheidet aus und ggf. besteht kein Versicherungsschutz für die berufsfremde Tätigkeit.

 

Rz. 59

Bei einer Sozietät wird der Anwaltsvertrag zwischen dem Auftraggeber einerseits und den Sozien andererseits geschlossen.[67] Etwas anderes kann allerdings ausdrücklich vereinbart werden.

 

Rz. 60

 

Hinweis

Soweit damit alle Mitglieder der Sozietät Gebührengläubiger sind, muss gleichwohl gesichert sein, dass ein Sozietätsmitglied die Gebühren alleine geltend macht. Eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV fällt in solchen Gebühreneinziehungsverfahren nicht an.[68]

 

Rz. 61

Die Haftung aus dem Mandat erstreckt sich im Zweifel auch auf künftig neu hinzukommende Sozien[69] bzw. Partner einer Partnerschaftsgesellschaft nach §§ 8 Abs. 1 S. 2 PartGG, 130 HGB.[70]

 

Rz. 62

Soweit der Auftraggeber und die Person, deren Interessen wahrgenommen werden sollen, nicht identisch sind, muss der Rechtsanwalt klären, ob die Person, deren Interessen wahrgenommen werden, berechtigt sein soll, die Leistung selbst von dem Rechtsanwalt zu fordern, mithin ein echter Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 Abs. 1 BGB geschlossen werden soll. Auch muss der Umfang der Verschwiegenheitspflicht mit dem Dritten geklärt werden. Grundsätzlich unterliegt der Rechtsanwalt im Fall eines Vertrages nach § 328 Abs. 1 BGB auch gegenüber dem Auftraggeber der Verschwiegenheitspflicht. Dies ist dem Auftraggeber und dem Dritten als juristischen Laien in der Regel nicht bewusst, weshalb hierzu eine Vereinbarung erforderlich erscheint, die auch ausdrücklich schriftlich fixiert werden sollte.

 

Rz. 63

 

Hinweis

Soweit die Voraussetzungen des § 328 BGB nicht vorliegen, sich aus dem Inhalt des Anwaltsvertrages aber ergibt, dass auch die Vermögensinteressen eines Dritten wahrzunehmen sind, kann der Dritte hieraus ggf. einen Schadenersatzanspruch gegen den Anwalt haben.[71]

 

Rz. 64

Für das Zustandekommen des Vertrages gelten die allgemeinen Vorschriften des BGB, insbesondere die §§ 145 ff. BGB. Neben den Vorschriften des BGB sind auch die §§ 43 ff. BRAO und die Bestimmungen der anwaltlichen Berufsordnung (BORA)[72] zu beachten.

 

Rz. 65

Da der Anwaltsvertrag zu seiner Wirksamkeit grundsätzlich keiner Form bedarf, kann er auch durch schlüssiges Verhalten der Vertragsparteien zustande kommen.[73] Selten wird ein auf die Beratung in einer konkreten Angelegenheit bezogener Anwaltsvertrag schriftlich niedergelegt. Als äußeres Zeichen des Vertragsabschlusses dient vielfach die Unterzeichnung einer entsprechenden Vollmacht, welche oftmals den Umfang der Beauftragung nicht ausreichend dokumentiert.

 

Rz. 66

Im Interesse der Rechtssicherheit sind an die Annahme eines Vertragsschlusses durch schlüssiges Verhalten allerdings erhöhte Anforderungen zu stellen. Eine solche Annahme ist – sofern es an einem Erklärungsbewusstsein fehlt – nur gerechtfertigt, wenn das Verhalten eines Beteiligten von dem anderen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eindeutig und zweifelsfrei als eine auf den Abschluss eines Anwaltsvertrages gerichtete Willenserklärung aufzufassen ist.[74]

 

Rz. 67

Für den Anwalt muss insbesondere hinsichtlich Haftung und seiner Vergütung deutlich erkennbar sein, womit und in welchem Umfang er beauftragt wird. Dies kann bei einem konkludenten Abschluss eines Anwaltsvertrages unklar sein. Für den Mandanten muss erkennbar sein, dass die Beauftragung eine Vergütungspflicht auslöst und es sich mithin nicht um eine Gefälligkeit handelt (welche allerdings nur in seltenen Fällen angenommen ...

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