Rz. 519

§ 613a Abs. 1 S. 2 letzter Hs. BGB regelt, dass transformierte Kollektivnormen nicht vor Ablauf eines Jahres ab dem Betriebsübergang zum Nachteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geändert werden dürfen. Auch diesbezüglich gelten im Wesentlichen dieselben Grundsätze wie für transformierte Betriebsvereinbarungen (siehe Rdn 345).

 

Rz. 520

Die einjährige Verschlechterungssperre verbietet nach der h.M. nur eine individualrechtliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen,[584] und zwar sowohl durch Aussprache einer Änderungskündigung als auch durch verschlechternden Änderungsvertrag.[585] Ein individualrechtliche Veränderung zum Vorteil der Beschäftigten ist hingegen jederzeit, auch innerhalb der Jahresfrist zulässig.[586]

 

Rz. 521

Die Verschlechterungssperre gilt nicht für Tarifverträge, die sich bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs nur noch in der Nachwirkung gem. § 4 Abs. 5 TVG befanden.[587] Der Arbeitnehmer soll nach dem Sinn und Zweck des § 613a Abs. 1 S. 2 BGB bei einem Betriebsübergang gegen den Verlust rechtlicher Arbeitsbedingungen geschützt werden. Seine Stellung soll hingegen nicht dadurch verbessert werden, dass bereits beim Veräußerer abänderbare Arbeitsbedingungen aufgrund des Betriebsübergangs nun einer Veränderungssperre unterstellt werden.[588]

 

Rz. 522

Die Verschlechterungssperre des § 613a Abs. 1 S. 2 BGB endet gem. § 613a Abs. 1 S. 4 BGB vorzeitig, wenn der Tarifvertrag nicht mehr gilt. Das ist der Fall, wenn der Tarifvertrag eine feste Geltungsdauer hatte (also befristet war), und diese innerhalb der Jahresfrist des § 613a Abs. 1 S. 2 BGB abläuft,[589] wenn der Tarifvertrag bereits im Zeitpunkt des Betriebsübergangs gekündigt war und die Kündigungsfrist nach dem Betriebsübergang innerhalb der Jahresfrist abläuft[590] und auch, wenn der Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang gekündigt wird und die Kündigungsfrist ausläuft.[591]

 

Rz. 523

Endet die Verschlechterungssperre vorzeitig, können die transformierten Tarifnormen auch vor Ablauf eines Jahres nach Betriebsübergang durch individualrechtliche Instrumente verschlechtert werden.[592]

 

Rz. 524

Schließlich endet die Verschlechterungssperre gem. § 613a Abs. 1 S. 4 BGB vorzeitig, wenn der Erwerber mit übernommenen Beschäftigten die Anwendung eines anderen Tarifvertrags vereinbart, in dessen Geltungsbereich sie fallen, an den sie aber mangels beiderseitiger Tarifgebundenheit nicht bereits nach § 4 Abs. 1 TVG gebunden sind. Dies gilt allerdings nur, wenn der in Bezug genommene Tarifvertrag denselben Regelungsgegenstand betrifft wie die transformierte Betriebsvereinbarung.

 

Rz. 525

Die Vereinbarung muss sich dabei auf die Anwendung des gesamten einschlägigen Tarifvertrags beziehen, nicht nur auf einzelne Teile eines Tarifvertrags.[593]

[585] Jacobs, NZA-Beil. 2009, 45, 47; APS/Steffan, § 613a BGB Rn 128; WHSS/Hohenstatt, E Rn 133.
[586] BAG v. 22.4.2009 – 4 AZR 100/08, Rn 32; Erfk/Preis, § 613a BGB Rn 11.
[587] BAG v. 22.4.2009 – 4 AZR 100/08, Rn 73; KZDH/Bachner, § 99 Rn 25; WHSS/Hohenstatt, E Rn 118; ErfK/Preis, § 613a BGB Rn 119, 121; APS/Steffan, § 613a BGB Rn 123; vgl. auch EuGH v. 11.9.2014 – C-328/13 ("Österreichischer Gewerkschaftsbund"), Rn 31.
[589] BAG v. 22.4.2009 – 4 AZR 100/08, Rn 71; KZDH/Bachner, § 99 Rn 20; ErfK/Preis, § 613a BGB Rn 121; APS/Steffan, § 613a BGB Rn 130; WHSS/Hohenstatt, E Rn 134; vgl. auch jurisPK-BGB/Kliemt/Teusch, § 613a Rn 128.
[590] BAG v. 22.4.2009 – 4 AZR 100/08, Rn 72; ErfK/Preis, § 613a BGB Rn 121; WHSS/Hohenstatt, E Rn 134; jurisPK-BGB/Kliemt/Teusch, § 613a Rn 128.
[593] ErfK/Preis, § 613a BGB Rn 122; APS/Steffan, § 613a BGB Rn 131; jurisPK-BGB/Kliemt/Teusch, § 613a Rn 129.

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