A. Beratung

I. Überblick

 

Rz. 1

Die anwaltliche Tätigkeit in Familiensachen beginnt häufig mit einer Beratung, da der Mandant oftmals noch keine Vorstellungen hat, welche Rechte ihm zustehen und welche Pflichten ihn treffen. Er hat daher i.d.R. noch keine Entscheidung darüber getroffen, welche Rechte er geltend machen bzw. wie er sich zu Forderungen der Gegenseite einlassen will.

 

Rz. 2

Wie sich aus der Legaldefinition des § 34 Abs. 1 S. 1 RVG ergibt, ist unter einer Beratung die Erteilung eines mündlichen oder schriftlichen Rats oder einer Auskunft zu verstehen. Die Grenze zwischen Rat und Auskunft ist fließend. Auf die Unterscheidung kommt es in der Praxis nicht an.

 

Rz. 3

Zur Geschäftstätigkeit (Teil 2 Abschnitt 3 VV) wird die Beratung dadurch abgegrenzt, dass sie sich auf Tätigkeiten im Verhältnis zum eigenen Auftraggeber beschränkt, während die Geschäftstätigkeit auf die Vertretung nach außen hin gerichtet ist (Ausnahme Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags (Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV; siehe Rdn 7). Sobald also der Anwalt gegenüber einem Dritten tätig werden soll, ist der Anwendungsbereich der Beratungsgebühr verlassen und die Tätigkeit des Anwalts als Geschäftstätigkeit zu vergüten. Solange der Anwalt jedoch nicht nach außen hin vertretend tätig werden soll, liegt nur eine Beratungstätigkeit vor, ausgenommen bei der Mitwirkung an der Errichtung eines Vertrags, die auch dann als Geschäftstätigkeit zu vergüten ist, wenn es an der Außenwirkung fehlt (Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV).

 

Rz. 4

Daher löst z.B. der Entwurf eines Schreibens durch den Rechtsanwalt für seinen Mandanten, das dieser dann im eigenen Namen verschickt, keine Geschäftstätigkeit aus, sondern ist noch der Beratung zuzuordnen.[1]

 

Beispiel 1: Entwurf eines Schreibens für den Mandanten

Die Mandantin möchte Ehegattenunterhalt verlangen, will aber ihrem Ehemann noch nicht offenbaren, dass sie sich bereits an einen Anwalt gewandt hat. Sie beauftragt den Anwalt daher zunächst nur damit, ihr ein Aufforderungsschreiben an den Ehemann zur Auskunftserteilung über dessen Einkommen zu entwerfen, das sie im eigenen Namen an den Ehemann verschicken will.

Mangels Auftrags zur Vertretung im Außenverhältnis ist nur von einer Beratung auszugehen.

 

Rz. 5

Auch die Mitwirkung bei der Errichtung von Urkunden ist noch der Beratung zuzuordnen.[2] Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV spricht nur von der Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags, nicht aber auch einer Urkunde, insbesondere nicht von der Errichtung einer einseitigen Willenserklärung.

 

Beispiel 2: Entwurf eines Testaments

Die Mandantin hatte den Anwalt nach ihrer Trennung beauftragt, ihr ein Testament zu entwerfen, da sie ihren Ehemann von der Erbfolge ausschließen will. Der Anwalt entwirft das Testament, das die Mandantin dann eigenhändig abschreibt.

Auch hier liegt nur eine Beratungstätigkeit vor.[3]

 

Rz. 6

Auch bei Vertragsverhandlungen kann noch eine Beratungsgebühr anfallen. Nur die "Mitwirkung bei der Gestaltung" eines Vertrags löst die Geschäftsgebühr aus. Der Anwalt muss also auf die Gestaltung selbst Einfluss nehmen oder zumindest Einfluss nehmen können. Die bloße beratende Tätigkeit, ob der Mandant einen Vertrag abschließen soll oder die Beratung anlässlich eines vom Mandanten selbst ausgehandelten Vertrags zählt noch zur Beratung.

 

Beispiel 3: Beratung bei Vertragsabschluss

Die Mandantin erscheint beim Anwalt und bittet ihn, zu prüfen, ob sie einen ihr von ihrem Ehemann vorgelegten notariellen Vertrag zu Trennungs- und Scheidungsfolgen in dieser Fassung abschließen kann. Sie möchte weder, dass der Anwalt nach außen in Erscheinung tritt noch dass der Ehemann davon erfährt, dass sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt. Der Anwalt prüft den Vertrag und rät der Mandantin ab, den Vertrag zu schließen.

Der Anwalt sollte nicht "mitwirken", sondern nur prüfen. Daher liegt noch eine Beratung vor.

 

Rz. 7

Sobald der Anwalt allerdings mitwirken soll, ist von einer Geschäftstätigkeit auszugehen.

 

Beispiel 4: Vertragsentwurf

Die Mandantin bittet den Anwalt, eine Trennungs- und Folgenvereinbarung zu entwerfen, die sie mit ihrem Ehemann abschließen will.

Jetzt ist der Anwalt mit der Gestaltung eines Vertrags beauftragt. Auch wenn es an der Außenwirkung fehlt, liegt doch eine Geschäftstätigkeit vor (Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV), die nach Nr. 2300 VV zu vergüten ist (siehe § 4 Rdn 24).

 

Rz. 8

Der Anwalt muss nicht selbst den Vertrag entworfen oder verfasst haben. Auch der Auftrag, einen fremden Vertragsentwurf zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern, löst bereits die Geschäftsgebühr aus.[4]

 

Beispiel 5: Prüfung eines fremden Vertragsentwurfs

Die Mandantin erscheint beim Anwalt und bittet ihn, zu prüfen, ob sie einen ihr von ihrem Ehemann vorgelegten notariellen Vertrag zu Trennungs- und Scheidungsfolgen in dieser Fassung abschließen kann. Gegebenenfalls soll der Anwalt Änderungen vornehmen und Verbesserungen vorschlagen.

Jetzt sollte der Anwalt mitwirken, so dass kein Beratungsauftrag mehr vorliegt, sondern von einem Geschäftsauftrag auszugehen ist. Dass es hier letztlich nicht zur Mi...

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