Rz. 638

Außerhalb der Voraussetzungen des Verzuges kann der Geschädigte Aufwendungen für Bearbeitung und außergerichtliche Abwicklung des Schadenersatzanspruchs nicht erstattet verlangen.[585] Das Recht grenzt aus Gründen der Interessenbewertung, aber auch der Praktikabilität, diesen Aufwand der Anspruchsverfolgung von anderen erstattungsfähigen Kosten der Rechtsverfolgung ab und weist solche Mühewaltung einem Zuständigkeitsbereich und Verantwortungsbereich des Geschädigten zu, der außerhalb des Schutzzwecks der Haftung des Schädigers liegt. Aufgrund dieser wertenden Abgrenzung hat § 91 ZPO solchen Aufwand nicht in den Katalog erstattungsfähiger Rechtsverfolgungskosten aufgenommen; § 91 ZPO ist dabei Ausdruck eines auch für das Schadensrecht geltenden Prinzips.[586]

 

Rz. 639

Bereits der unmittelbar Geschädigte hat keinen Anspruch auf Ersatz des ihm durch die Schadenabwicklung entstehenden reinen Zeitverlustes;[587] das gilt auch für die Überprüfung von Rechnungen.[588] Der damit verbundene Zeit- und Verwaltungsaufwand ist deshalb vom Geschädigten auch dann allein zu tragen, wenn er sich von Gemeinkosten eindeutig abgrenzen lässt.[589] Es handelt sich für den Geschädigten um Kosten der Rechtsverfolgung, die als Mühewaltung zum allgemeinen Lebensrisiko zählen und nicht vom Schutzzweck der Norm erfasst werden.[590]

 

Rz. 640

Der Geschädigte hat auch keinen Anspruch auf Ersatz des ihm durch polizeiliche Unfallaufnahme, Zeugenaussage,[591] Transporte/Überführung,[592] Ersatzbeschaffung,[593] Überwachung der Instandsetzung,[594] Überprüfung der Rechnungen[595] entstehende Zeitverluste.

 

Rz. 641

Es spielt dabei keine Rolle, ob entgangene Zeit gewinnbringend hätte genutzt[596] oder eigenes Personal[597] einsetzt werden können. Dies gilt auch dann, wenn ihm durch die Unfallaufnahme weitere Schäden entstehen.[598] Ein Unternehmen kann erstattungsfähige Gemeinkostenanteile auch nicht dadurch auf den Schädiger abwälzen, dass es aus Rationalisierungsgründen Unfallschäden auch in einfachen Sachen von seinen Anwälten bearbeiten lässt[599] oder Aufgaben der Schadenbearbeitung einer besonderen Abteilung überträgt.[600]

 

Rz. 642

Auslagen für Porto, Telefon und Papier sind dem Unfallbeteiligten nicht zu erstatten.[601]

 

Rz. 643

Der Drittleistungsträger hat nicht etwa mehr Rechte als der unmittelbar Geschädigte, sondern – als nur mittelbar Geschädigter – überhaupt keine Forderungsrechte außerhalb derjenigen, die per Legalzession oder Abtretung auf ihn übergegangen sind.

[585] BGH v. 5.6.2009 – V ZR 144/08 – DAR 2009, 515 = NJW 2009, 2530 = NJW-Spezial 2009, 538 = SP 2009, 304 = VersR 2009, 1121 = WM 2009, 1664.
[586] BGH v. 9.3.1976 – VI ZR 98/75 – BGHZ 66, 112 = MDR 1976, 831 = NJW 1976, 1256 = VersR 1976, 857.
[587] BGH v. 8.5.2012 – VI ZR 37/11 – DAR 2013, 22 = jurisPR-VerkR 13/2012 Anm. 1 (Anm. Jahnke) = MDR 2012, 839 = NJW 2012, 2267 = NJW-Spezial 2012, 397 = NZV 2012, 477 = r+s 2012, 515 = SP 2012, 271 = VersR 2012, 917 = VRS 123, 134 = zfs 2012, 448; BGH v. 2.12.2011 – V ZR 30/11 – DAR 2012, 78 (Anm. Heimgärtner DAR 2012, 330) = DWW 2012, 105 = jurisPR-VerkR 3/2012 Anm. 3 (Anm. Jahnke) = JuS 2012, 358 = MDR 2012, 145 = NJW 2012, 528 = NJW-Spezial 2012, 105 = NZM 2012, 774 = NZV 2012, 127 = VRS 122, 333 = WM 2012, 1836 = zfs 2012, 313 (Anm. Diehl) (Revision zu KG v. 7.1.2011 – 13 U 31/10 – DWW 2011, 222 = DAR 2011, 323 [nur Ls.]); BGH v. 15.11.2011 – VI ZR 30/11 – jurisPR-VerkR 1/2012 Anm. 2 (Anm. Wenker) = MDR 2012, 21 = NJW 2012, 52 = VersR 2012, 75; BGH v. 2.7.1996 – X ZR 64/94 – BGHZ 133, 155 = DB 1996, 2075 = JR 1997, 196 = MDR 1997, 26 = NJW 1996, 2924 = WM 1996, 1695 = ZIP 1996, 1553; BGH v. 22.11.1988 – VI ZR 126/88 – BGHZ 106, 28 = DAR 1989, 100 = FamRZ 1989, 259 = JZ 1989, 344 = MDR 1989, 343 = NJW 1989, 766 = NJW-RR 1989, 412 (nur Ls.) = r+s 1989, 51 = VersR 1989, 188 = VRS 76, 164 = zfs 1989, 121; BGH v. 31.5.1983 – VI ZR 241/79 – MDR 1984, 39 = NJW 1983, 2815 = r+s 1983, 256 = VersR 1983, 755; BGH v. 11.1.1983 – VI ZR 222/80 – BGHZ 86, 212 = DAR 1983, 163 = DB 1983, 1198 = JZ 1983, 390 = MDR 1983, 477 = NJW 1983, 1107 = r+s 1983, 82 = VersR 1983, 392 = zfs 1983, 169; BGH v. 9.3.1976 – VI ZR 98/75 – BGHZ 66, 112 = MDR 1976, 831 = NJW 1976, 1256 = VersR 1976, 857; BGH v. 5.5.1970 – VI ZR 212/68 – BB 1970, 862 = BGHZ 54, 45 = DB 1970, 1264 = JuS 1970, 586 = JZ 1971, 371 (Anm. Lieb, JZ 1971, 358) = MDR 1970, 752 = NJW 1970, 1411 = VersR 1970, 766 = VRS 39, 163; OLG Düsseldorf v. 18.10.1978 – 23 S 15/8 – VersR 1979, 193; OLG Köln v. 21.12.1995 – 7 U 116/95 – MDR 1996, 917; OLG Oldenburg v. 6.2.2008 – 5 U 34/07 – SVR 2010, 57 = VersR 2009, 797; OLG Saarbrücken v. 5.3.1982 – 3 U 169/80 – r+s 1982, 214; LG München v. 6.6.1984 – 17 O 1130/84 – VersR 1985, 1150; AG Limburg v. 26.5.2009 – 4 C 1833/08 – SP 2010, 190 (LG Limburg v. 17.12.2009 – 3 S 184/09 – hat durch Beschluss Berufung verworfen). Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Jahnke, § 249 BGB Rn 358 ff.
[588] OLG Düsseldorf v. 21.12.2005 – I-15 U 44/05 –.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge