Rz. 515

Das Privileg schützt den mit einem Geschädigten in häuslicher Gemeinschaft lebenden Schädiger, wenn die privilegierenden Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bewirkung der Versicherungsleistung[437] oder zur Zeit der Geltendmachung des Rückgriffes existieren,[438] selbst dann, wenn bei Eintritt des Ereignisses die Beziehung noch nicht einmal im Kern angelegt war.[439]

 

Rz. 516

Heiratet die verletzte Person ihren Schädiger zeitlich zwar nach dem Schadensfall (noch vor der letzten mündlichen Verhandlung[440]), kommt § 116 VI 2 SGB X zur Anwendung.[441] Gleiches gilt für Partner nach dem LPartG.

 

Rz. 517

Um Ungereimtheiten[442] (siehe Rn 432) zu vermeiden, muss angesichts der gebotenen einheitlichen Betrachtung des Privilegs die Bestimmung des § 116 VI 2 SGB X für spätere Eheschließung und spätere Begründung der häuslichen Gemeinschaft für § 86 III VVG (wie zu § 67 II VVG a.F. anerkannt[443]) ebenfalls gelten. § 86 III VVG will insofern keine Verschlechterung gegenüber der Vorgängerregel des § 67 II VVG a.F.[444]

 

Rz. 518

Praktische Probleme, die spätere Heirat zu bemerken, bereitet das Namensrecht, nach dem Ehegatten nicht mehr denselben Familiennamen führen müssen und von daher eine zur Privilegierung führende familiäre Beziehung gerade bei Ehegatten nicht immer von vornherein offenbart. Hier besteht im Schadenfall vermehrt Aufklärungsbedarf.

 

Rz. 519

Der Regressausschluss bleibt auch für den Fall bestehen, dass Schädiger und Verletzter zwar erst nach dem ersatzbegründenden Ereignis heiraten, diese Ehe aber nicht auf Dauer Bestand hat.[445] Auch in diesem Fall ist der Forderungsübergang endgültig verhindert.[446] U.a. bestehen auch nach der Scheidung regelmäßig noch finanzielle Verbundenheiten zwischen den ehemaligen Ehegatten und etwaig aus der Ehe hervorgegangenen Kindern, die gegenüber dem Drittzugriff grundsätzlich schützenswert sind. § 116 VI SGB X ist also nicht als Stundung oder Hemmung zu verstehen.

[437] BGH v. 9.5.1972 – VI ZR 40/71 – FamRZ 1972, 446 = MDR 1972, 770 = NJW 1972, 1372 = VersR 1972, 764.
[438] BGH v. 9.5.1972 – VI ZR 40/71 – FamRZ 1972, 446 = MDR 1972, 770 = NJW 1972, 1372 = VersR 1972, 764; LG Kiel v. 19.3.1998 – 6 O 145/97 – VersR 1999, 1105 (Anm. Brill VersR 1999, 1538).
[439] BGH v. 29.1.1985 – VI ZR 88/83 – MDR 1985, 483 = NJW 1985, 1958 = r+s 1985, 128 = VersR 1985, 471 = zfs 1985, 106 (Erben: Schädiger war der Bruder des Verletzten. Der Schädiger verstarb an den Unfallfolgen und wurde von seinen Eltern beerbt. Der Verletzte lebte noch bei seinen Eltern.); BGH v. 18.12.1984 – VI ZR 33/84 – VersR 1985, 936 = zfs 1985, 171 (Nichtannahmebeschluss zu OLG Frankfurt v. 11.1.1984 – 25 U 21/83 –); BGH v. 21.9.1976 – VI ZR 210/75 – MDR 1977, 215 = NJW 1977, 108 = VersR 1977, 149; BGH v. 25.11.1975 – VI ZR 33/75 – MDR 1976, 391 = NJW 1976, 1152 = VersR 1976, 289; OLG Hamburg v. 28.4.1992 – 7 U 59/91 – NJW-RR 1993, 40 = NZV 1993, 71 (Anm. Wandt NZV 1993, 56) = SP 1992, 261 (nur Ls.) = VersR 1992, 685 = zfs 1993, 125 (Eheschließung nach dem Versicherungsfall).
[440] OLG Köln v. 17.10.1990 – 24 U 43/90 – NJW-RR 1991, 670 = NZV 1991, 395 = VersR 1991, 1237 = zfs 1992, 14 (nur Ls.) (Die zugelassene Revision wurde nicht durchgeführt.).
[441] BGH v. 18.12.1984 – VI ZR 33/84 – VersR 1985, 936 = zfs 1985, 171 (Nichtannahmebeschluss zu OLG Frankfurt v. 11.1.1984 – 25 U 21/83 –); OLG Hamburg v. 28.4.1992 – 7 U 59/91 – NJW-RR 1993, 40 = NZV 1993, 71 (Anm. Wandt NZV 1993, 56) = SP 1992, 261 (nur Ls.) = VersR 1992, 685 = zfs 1993, 125; OLG Köln v. 17.10.1990 – 24 U 43/90 – NJW-RR 1991, 670 = NZV 1991, 395 = VersR 1991, 1237 = zfs 1992, 14 (nur Ls.) (Die zugelassene Revision wurde nicht durchgeführt.).
[442] Dazu Jahnke NZV 2008, 57 ff.
[443] BGH v. 18.12.1984 – VI ZR 33/84 – VersR 1985, 936 = VRS 68, 346 = zfs 1985, 171 (Nichtannahmebeschluss zu OLG Frankfurt v. 11.1.1984 – 25 U 21/83 –); BGH v. 9.5.1972 – VI ZR 40/71 – FamRZ 1972, 446 = MDR 1972, 770 = NJW 1972, 1372 = VersR 1972, 764; OLG Hamburg v. 28.4.1992 – 7 U 59/91 – NJW-RR 1993, 40 = NZV 1993, 71 (Anm. Wandt NZV 1993, 56) = SP 1992, 261 (nur Ls.) = VersR 1992, 685 = zfs 1993, 125; OLG Köln v. 17.10.1990 – 24 U 43/90 – NJW-RR 1991, 670 = NZV 1991, 395 = VersR 1991, 1237 = zfs 1992, 14 (nur Ls.) (Die zugelassene Revision wurde nicht durchgeführt.).
[444] Siehe auch BVerfG v. 12.10.2010 – 1 BvL 14/09 – BGBl I 2010, 1718 = DÖV 2011, 30 = FamRZ 2010, 2050 (Anm. Bernau) = DGUV-Forum 2011, 48 (Anm. Dahm) = jurisPR-SozR 25/2010, Anm. 1 (Anm. Dahm) = jurisPR-VerkR 6/2011, Anm. 3 (Anm. Lang) = MDR 2010, 1452 = NJW 2011, 1793 = r+s 2011, 138 (nur Ls.) = SP 2011, 63 (Entscheidung zum Vorlagebeschluss des LG Memmingen v. 27.4.2009 – 2 O 2548/05 – VersR 2009, 1686 [Anm. Lehmacher] = UV-Recht Aktuell 2009, 931) (Anm.: nachgehende Entscheidung des LG Memmingen v. 3.5.2011 – 2 O 2548/05 – NZV 2013, 296 [Anm. Bernau]).
[445] Breuer VersR 1984, 512; Breuer NJW 1984, 276; Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Jahnke, § 86 VVG Rn 122; Hauck/Noftz/Nehls, SGB X K § 116 (Stand 12/2012), § 116 ...

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