Rz. 19

Die verfahrensrechtlichen Vorschriften des AGB-Gesetzes (alt) wurden im Zuge der Schuldrechtsreform in einem neuen Verfahrensgesetz – dem Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz – UKlaG) – zusammengefasst.[41] Das UKlaG gliedert sich in sechs Abschnitte:

 
Abschnitt 1: Ansprüche bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (§§ 1 bis 4 lit. a UKlaG)
Abschnitt 2: Verfahrensvorschriften (§§ 5 bis 12 UKlaG)
Unterabschnitt 1: Allgemeine Vorschriften (§§ 5 bis 7 UKlaG)
Unterabschnitt 2: Besondere Vorschriften für Klagen nach § 1 UKlaG (§§ 8 bis 11 UklaG)
Unterabschnitt 3: Besondere Vorschriften für Klagen nach § 2 UKlaG (§ 12 UKlaG)
Abschnitt 3: Auskunft zur Durchführung von Unterlassungsklagen (§§ 13 und 13 lit. a UKlaG)
Abschnitt 4: Außergerichtliche Schlichtung (§ 14 UKlaG)
Abschnitt 5: Anwendungsbereich (§ 15 UKlaG)
Abschnitt 6: Überleitungsvorschriften (§ 16 UKlaG).
[41] Dazu näher Ring/Klingelhöfer, Das neue AGB-Recht, Rn 1 ff.

1. Zielsetzung des UKlaG

 

Rz. 20

Das UKlaG zielt darauf ab, den Verbraucher vor einer Einbeziehung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen und verbraucherschutzgesetzwidriger Praktiken des Verwenders zu schützen.[42] Zur Durchsetzung dieses Zieles wird die (Individual-)Klageberechtigung durch § 3 UKlaG auch auf Verbände ausgedehnt, bei denen einerseits die Klagebereitschaft nicht schon bereits an den Prozessrisiken scheitern dürfte und andererseits eine erhöhte Breitenwirkung erreicht wird (da entsprechende Urteile nicht nur inter partes, sondern auch "zugunsten der am Verfahren gar nicht beteiligten Vertragspartner des AGB-Verwenders" wirken[43] (vgl. § 11 UKlaG). Damit stellt das UKlaG (unter Durchbrechung des in § 325 Abs. 1 ZPO statuierten Grundsatzes) im Interesse eines wirksamen Schutzes vor missbräuchlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen[44] ein abstraktes Kontrollverfahren zur Verfügung, in dem unabhängig von der konkreten Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen deren Wirksamkeit einer gesetzlichen Überprüfung unterzogen werden kann.[45]

Der Kunde kann sich im Individualprozess auf ein Unterlassungsurteil im Verbandsprozess berufen. Vice versa kann sich ein Kunde, wenn im Verbandsprozess die Unterlassungsklage (weil die in Rede stehende Klausel wirksam sei) abgewiesen wurde, gleichwohl auf die Unwirksamkeit berufen – dem Kunden kann dies im Individualprozess nicht mit bindender Wirkung entgegengehalten werden.[46]

[42] NK-BGB/Walker, Schuldrecht, Teilband 2/2, Vorbem. UKlaG Rn 6.
[43] NK-BGB/Walker, Schuldrecht, Teilband 2/2, Vorbem. UKlaG Rn 6.
[44] Palandt/Grüneberg, § 11 UKlaG Rn 1.
[45] NK-BGB/Walker, Schuldrecht, Teilband 2/2, Vorbem. UKlaG Rn 6.
[46] Palandt/Grüneberg, § 11 UKlaG Rn 1.

2. Unterlassungs- und Widerrufsanspruch

 

Rz. 21

Das Unterlassungsklagengesetz gewährt in seinem § 1 einen Unterlassungs- und Widerrufsanspruch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen und in seinem § 2 einen Unterlassungsanspruch bei verbraucherschutzgesetzwidrigen Praktiken (sowie – außerhalb des hier interessierenden AGB-Bereichs – in § 2 lit. a einen Unterlassungsanspruch bei Verstößen gegen § 95 lit. b Abs. 1 UrhG). Anspruchsberechtigte Stellen für die in den §§ 1 und 2 UKlaG bezeichneten Ansprüche sind nach § 3 Abs. 1 UKlaG qualifizierte Einrichtungen i.S.v. § 4 UKlaG (bzw. in dem Verzeichnis der EG-Kommission nach Art. 4 der ­Richtlinie 98/27/EG [ABl EG Nr. L 166, S. 51] eingetragene Einrichtungen), rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen sowie Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern.

Gemäß Art. 4 der Richtlinie 98/27/EG führt die Kommission der EG ein Verzeichnis "qualifizierter Einrichtungen", die nicht nur in ihrem Heimatstaat, sondern auch in allen anderen EU-Mitgliedstaaten nach Maßgabe von § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG anspruchsberechtigt sind.[47] Das Bundesamt für Justiz führt zum 1. Januar eines jeden Jahres eine im Bundesanzeiger bekannt gemachte Liste der nach deutschem Recht "qualifizierten Einrichtungen", die nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG anspruchsberechtigt sind, die an die EU-Kommission zur Aufnahme in das Verzeichnis nach § 4 UKlaG weitergeleitet wird.[48] Der Eintragung im Verzeichnis bzw. der beim Bundesamt für Justiz geführten Liste[49] kommt konstitutive Bedeutung zu[50] mit der Folge, dass es dem Prozessgericht verwehrt ist, zu prüfen, ob die Eintragung rechtmäßig erfolgt bzw. die Nichteintragung unrechtmäßig unterblieben ist.[51] Die Prüfungskompetenz des Prozessgerichts erstreckt sich allein auf die Frage, ob die Prozessführung im konkreten Fall vom Schutzzweck der Einrichtung gedeckt ist.[52]

 

Rz. 22

Nach § 1 UKlaG kann derjenige, der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt (Verwender oder Empfehler), die nach den §§ 307309 BGB unwirksam sind, auf Unterlassung und (im Fall des Empfehlens auch auf) Widerruf in Anspruch genommen werden. § 1 UKlaG zielt darauf ab, den Rechtsverkehr vor unwirksamen Klauseln freizuhalten.[53] Zugle...

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