Rz. 13

Bestimmungen in AGB, "die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil", § 305c Abs. 1 BGB. Maßgeblich ist, ob die Klausel so von den Erwartungen abweicht, die der redliche Verkehr typischerweise an den Vertragsinhalt knüpft, dass mit einer solchen Klausel vernünftigerweise nicht zu rechnen ist.[22] Dieses Abweichen kann aus unterschiedlichen Wurzeln gespeist werden: z.B. wegen erheblichen Abweichens von dem Leitbild einer dispositiven Gesetzesregelung,[23] wegen "Versteckens" der Klausel an unerwarteter Stelle[24] oder wegen Widerspruchs zu den in den Vertragsverhandlungen durch den Verwender geweckten Erwartungen.[25] Beispiele: Über den "Anlass" der Verbürgung hinausgehender Bürgschaftszweck in Formularen[26] oder: Bei ansonsten meist unentgeltlichen Leistungen (z.B. für die Eintragung in ein Branchenregister) wird unter nicht eindeutiger Überschrift "(...), Vergütungshinweis, (…)" eine Vergütungspflicht begründet.[27]

Jedoch kann der Überraschungseffekt vor allem durch einen konkreten (z.B. drucktechnisch hervorgehobenen) Hinweis auf diese Klausel gegenüber dem Partner im Einzelfall entfallen.[28]

 

Rz. 14

In den Kontext des äußeren Erscheinungsbildes gehört das Erfordernis, dass "das Kleingedruckte" lesbar bleiben muss.[29] Es ist auf den durchschnittlichen Leser abzustellen, was eine gewisse Differenzierung zwischen Verbraucher und Unternehmer als Kunden erfordert bzw. zulässt.[30]

Die Lesbarkeit von AGB hängt dabei nicht von einem Faktor allein ab, sondern von der Gesamtgestaltung. Hier sind insbesondere die Schriftgröße, die Gesamtlänge der AGB, der Text pro Seite, die Schriftart, der Kontrast Papier/Schrift, der Abstand zwischen den Zeilen, Übersichtlichkeit (kein Fließtext/zwei Spalten statt einer) usw. zu prüfen. Es muss ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit gegeben sein.[31] Nur aus dem Gesamteindruck ist definitiv der Schluss auf die Zumutbarkeit möglich.
Es ist davon auszugehen, dass eine Schriftgröße von 6 Punkt in aller Regel zumutbar ist; eine Unterschreitung kommt nur ganz ausnahmsweise in Betracht. Das gilt generell auch bei Verwendung gegenüber Verbrauchern, wobei gegenüber Unternehmern eher weniger strenge Anforderungen gestellt werden.[32]
[22] Siehe BGH v. 16.12.1999 – IX ZR 36/98, NJW 2000, 1179, 1181; v. Westphalen, NJW 2003, 1636.
[27] BGH v. 26.7.2012 – VII ZR 262/11, NJW 2012, 3427 (Nr. 10 ff.): nicht ausreichender Hinweis; vgl. auch BGH v. 1.10.2014 – VII ZR 344/13, NZBau 2014, 757 (Nr. 13) (Preisgleitklausel).
[29] BT-Drucks 14/6040, S. 150 f.
[30] Siehe NK-BGB/Kollmann, § 305 Rn 74.
[31] Palandt/Grüneberg, § 305 Rn 37. Insgesamt weniger streng: OLG Saarbrücken v. 12.6.2008 – 8 U 380/07, BB 2008, 2649, 2650 f.
[32] Im Einzelnen: Thamm/Detzer, BB 1989, 1134; BGH v. 10.12.1986 – I ZR 213/84, NJW 1988, 766–769 (drei Urteile des BGH zur Lesbarkeit von Formularerklärungen zum damaligen § 4 Abs. 4 HWG). Das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens war auf Verbraucher zugeschnitten.

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