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Schiedsordnung vom 1.2.2016

I. Vorbemerkungen

Das Norddeutsche Familienschiedsgericht bietet als Beitrag zur außergerichtlichen Streitschlichtung die Möglichkeit, schnell, diskret und kostensparend streitige Rechtsfragen klären zu lassen und den Gang zum Gericht zu ersparen.

Das Norddeutsche Familienschiedsgericht führt nach Wahl der Beteiligten entweder ein Mediations- bzw. Schlichtungsverfahren (außergerichtliche Streitschlichtung) oder ein Schiedsgerichtsverfahren (außergerichtliche Streitentscheidung) durch. Diese Schiedsordnung gilt, wenn die Beteiligten eine außergerichtliche Streitentscheidung wünschen und vereinbaren.

Eine außergerichtliche Streitentscheidung kommt in Betracht, wenn

a) die Parteien/Beteiligten anstelle eines gerichtlichen Verfahrens ein Schiedsverfahren durchführen wollen,
b) das Familiengericht auf Antrag in einem anhängigen Verfahren das Ruhen oder eine außergerichtliche Streitbeilegung angeordnet hat (§§ 113 Abs. 1 Satz 2, 135 FamFG, §§ 251, 278 Abs. 5 ZPO),
c) im Rahmen eines Mediationsverfahrens eine Entscheidung über rechtliche Streitfragen beantragt wird,
d) die Beteiligten von einem Mediations- bzw. Schlichtungsverfahren in ein Schiedsgerichtsverfahren übergehen wollen.

Das Familienschiedsgericht wird im Rahmen der außergerichtlichen Streitentscheidung tätig, wenn die Beteiligten/Parteien, die dann beide anwaltlich vertreten sein müssen, ein Schiedsverfahren beantragen. Das Schiedsgericht setzt dann möglichst kurzfristig einen Verhandlungstermin an mit dem Ziel, zeitnah eine einvernehmliche Lösung der Probleme zu erarbeiten, gegebenenfalls aber auch eine Entscheidung zu treffen.

Das Familienschiedsgericht hat seinen Sitz in Bremen und Oldenburg. Der Tagungsort wird aber einvernehmlich festgelegt. Kommt es zu keiner Einigung, wird er vom Schiedsgericht bestimmt.

Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften über das schiedsrichterliche Verfahren der Zivilprozessordnung (§§ 1025 ff. ZPO).

II. Einleitung des Verfahrens

1. Das Familienschiedsgericht kann zur Streitentscheidung nur angerufen werden, wenn beide Parteien/Beteiligten durch ihre anwaltlichen Vertreter ein Schiedsverfahren schriftlich vereinbaren und die Schiedsordnung unterzeichnen.

Die unterschriebene Schiedsvereinbarung und Schiedsordnung sind der Geschäftsstelle des Schiedsgerichts zu übersenden

2. Das Schiedsverfahren wird durch Übersendung der schriftlichen Schiedsvereinbarung, der unterzeichneten Schiedsordnung und des Schiedsantrages eingeleitet. Es wird in der Geschäftsstelle registriert und beginnt mit förmlicher Zustellung des Schiedsantrages an den Gegner.

3. Die Zustellung an den Gegner erfolgt erst nach Zahlung des in Ziff. VIII Nr. 7 festgelegten Auslagenvorschusses sowie der Büropauschale nach Ziffer VIII Nr. 5.

4. Alle Schriftsätze einschließlich Anlagen sind in dreifacher Ausfertigung zu übersenden.

III. Zusammensetzung des Schiedsgerichts

1. Das Familienschiedsgericht entscheidet durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht a.D. Gerd Weinreich und den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts a.D. Reinhardt Wever.

2. Auf Wunsch der Parteien/Beteiligten kann ein dritter Schiedsrichter hinzugezogen werden (§ 1034 Abs. 1 ZPO). Dieser wird den Parteien/Beteiligten vom Schiedsgericht vorgeschlagen, die das Recht haben, den Vorschlag abzulehnen. Kommt es danach nicht zu einer Einigung der Parteien/Beteiligten über die Person des dritten Schiedsrichters, wird dieser durch das Schiedsgericht bestimmt.

3. Streitigkeiten über einen Verfahrenswert bis 100.000 EUR entscheidet regelmäßig der Einzelrichter, Streitigkeiten mit einem Verfahrenswert über 100.000 EUR oder Streitigkeiten mit mehreren Verfahrensgegenständen (Unterhalt und vermögensrechtliche Auseinandersetzung) entscheidet das erweiterte Schiedsgericht mit zwei Schiedsrichtern. Im Einvernehmen mit beiden Parteien/Beteiligten kann in besonders umfangreichen Verfahren auch bei Streitigkeiten unter 100.000 EUR das erweiterte Schiedsgericht, bei Streitigkeiten über 100.000 EUR der Einzelrichter tätig werden.

4. Der Einzelrichter wie bei Tätigwerden des erweiterten Schiedsgerichts der Vorsitzende wird von den Parteien/Beteiligten bestimmt. Kommt es zu keiner Verständigung zwischen den Parteien/Beteiligten, werden die Verfahren jeweils im Wechsel dem Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht a.D. Gerd Weinreich oder dem Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts a.D. Reinhardt Wever als Einzelrichter oder Vorsitzenden zugewiesen. Welche Person den Vorsitz führt oder als Einzelrichter entscheidet, wird den Parteien/Beteiligten mitgeteilt. Im erweiterten Schiedsgericht entscheidet bei Stimmengleichheit der Vorsitzende.

5. Das Schiedsgericht kann einen Antrag auf Durchführung des Schiedsverfahrens ablehnen. Die Entscheidung erfolgt spätestens im ersten Termin. Zu den anfallenden Kosten vgl. Ziffer VIII Nr. 6.

6. Die Parteien/Beteiligten können jederzeit übereinstimmend beantragen, das Schiedsverfahren vorzeitig zu beenden. In diesem Fall stellt das Schiedsgericht die ...

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