Rz. 759

Von besonderer Bedeutung für die ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus ist das Bestehen eines ausreichenden Haftpflichtversicherungsschutzes im Hinblick auf Arzthaftungsansprüche der vom oder in der Abteilung des Chefarztes behandelten Patienten. Grund hierfür ist, dass der Chefarzt bei eigener ärztlicher Tätigkeit selbst dann in vollem Umfang für standardunterschreitendes ärztliches Handeln haftpflichtig ist, wenn nicht er, sondern der Krankenhausträger Vertragspartner des geschädigten Patienten ist, weil die deliktische Haftung aus den §§ 823 ff. BGB neben die vertragliche Haftung tritt und insoweit ein Gesamtschuldverhältnis begründet wird.[1398] In Fällen, in denen der Chefarzt selbst Vertragspartner des Patienten ist (Handeln aufgrund persönlicher Ermächtigung), drohen darüber hinaus vertragliche Haftungsansprüche[1399] auch bei standardunterschreitendem Verhalten von dem Chefarzt nachgeordneten Ärzten oder in die Behandlung des Patienten eingeschalteten nichtärztlichen Mitarbeitern. Auch hier kommt ebenfalls eine deliktische Haftung unter dem Gesichtspunkt unzureichender Organisation oder Überwachung in Betracht. Dies macht es erforderlich, dass der Chefarzt durch Abschluss eines ausreichend dotierten Haftpflichtversicherungsvertrags vor der persönlichen Inanspruchnahme geschützt wird. Die vorgeschlagene Regelung ist trotz des Umstandes sinnvoll, dass dem Chefarzt bei derartigen Ansprüchen ggf. Rückgriffsansprüche gegen den Krankenhausträger zustehen können. Zum einen ist zweifelhaft, ob sich ein Chefarzt auf die Grundsätze der Haftung im Arbeitsverhältnis berufen kann[1400] und deswegen bei Haftungsfällen immer einen Freistellungsanspruch gegen den Krankenhausträger haben wird. Zum zweiten kommt hinzu, dass der Chefarzt bei bestehender Haftpflichtversicherung auch vor den Folgen einer eventuellen Zahlungsunfähigkeit des Krankenhausträgers geschützt ist.

In dem Vertragsmuster wird Abstand davon genommen, die notwendige Haftpflichtversicherungs-­Deckungssumme betragsmäßig festzuschreiben. Stattdessen wird auf eine Haftpflichtversicherung in angemessener Höhe, mindestens aber in Höhe der für das Krankenhaus insgesamt bestehen Betriebshaftpflichtversicherung verwiesen. Die betragsmäßige Festlegung der erforderlichen Deckungssumme ist demgegenüber nicht anzuraten, weil man damit der Gefahr nicht Rechnung tragen würde, dass sich insbesondere bei älteren Chefarztverträgen die zu Vertragsbeginn angemessenen Deckungssummen nach Ablauf einer gewissen Zeit nicht mehr als angemessen erweisen.

[1398] Frahm/Nixdorf/Walter, Rn 39 ff.; Laufs/Kern/Rehborn/Kern/Rehborn, § 102 Rn 13; Igl/Welti/Nebendahl, § 47 Rn 12.
[1399] Frahm/Nixdorf/Walter, Rn 16 f.; Igl/Welti/Nebendahl, § 47 Rn 40.
[1400] Ablehnend BAG 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223, allerdings zu einem atypischen (Mobbing-)Sachverhalt.

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