Rz. 866

Ist das Wettbewerbsverbot vom Arbeitgeber vorformuliert, unterliegt es der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Da Wettbewerbsverbote im Arbeitsleben – jedenfalls bei Führungskräften – üblich sind, ist ihre Einbeziehung im Regelfall nicht überraschend i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB.[1814] Die Einordnung als unwirksame Überraschungsklausel kommt aber in Frage, wenn die Wettbewerbsabrede an unerwarteter Stelle im Vertragstext oder unter einer irreführenden Überschrift versteckt wird.[1815] Auch einzelne Klauseln innerhalb eines Wettbewerbsverbots können überraschend sein.[1816] Es empfiehlt sich daher, die Regelungen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot in einem gesonderten Abschnitt des Arbeitsvertrags mit entsprechender Überschrift unterzubringen.[1817]

 

Rz. 867

Das Verhältnis zwischen der in § 307 Abs. 1 BGB vorgesehenen Inhaltskontrolle zur Vorschrift des § 74a HGB ist umstritten und vom BAG noch nicht entschieden. Während eine unangemessene Benachteiligung im Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen zum ersatzlosen Wegfall der Klausel ohne Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion führt,[1818] sieht § 74a HGB durch die Wendung "insoweit unverbindlich" die Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion unangemessen weiter Wettbewerbsverbote ausdrücklich vor. Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Auffassung bleibt es auch nach der Schuldrechtsreform bei der durch § 74a HGB vorgesehenen Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion zu weit geratener Wettbewerbsverbote.[1819] Der Inhalt des Wettbewerbsverbots ist als Festlegung einer Hauptleistungspflicht gem. § 307 Abs. 3 BGB kontrollfrei. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob das Wettbewerbsverbot als gegenseitiger Vertrag Gegenstand einer eigenständigen Abrede ist oder ob es im Arbeitsvertrag geregelt wird.[1820] Eine Inhaltskontrolle würde einen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung bedeuten, den § 307 Abs. 3 BGB gerade verhindern will. Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man § 74a HGB als Spezialvorschrift begreift, welche in entsprechender Anwendung des § 307 Abs. 3 BGB die Rechtsfolgen der §§ 307 ff. BGB verdrängt.[1821]

 

Rz. 868

Unabhängig davon unterliegen Wettbewerbsverbote nach § 307 Abs. 3 S. 2 BGB jedenfalls der Transparenzkontrolle gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.[1822] Auch Hauptleistungspflichten müssen gem. § 307 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB klar und verständlich formuliert sein. Eine deutliche Formulierung ist ferner angesichts der Rechtsprechung des BAG wichtig, das Wettbewerbsklauseln bei Zweifeln zu Lasten des Arbeitgebers auslegt.[1823] Dieser Grundsatz ergibt sich aus der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB.[1824]

[1814] Preis/Stoffels, Arbeitsvertrag II W 10 Rn 32; Däubler u.a., § 305c Rn 20; Diller, NZA 2005, 250, 251; Henssler, RdA 2002, 129, 139; Straube, BB 2013, 117, 117 f.
[1815] Diller, NZA 2005, 250, 251; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn 59a; Staub/Weber, § 74 Rn 2; Straube, BB 2013, 117, 118.
[1816] Vgl. LAG Hamm 10.9.2004 – 7 Sa 918/04, LAGE Nr. 2 zu § 305c BGB; BAG 13.7.2005 – 10 AZR 532/04, AP Nr. 78 zu § 74 HGB; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn 59b.
[1817] Straube, BB 2013, 117, 118.
[1819] LAG Rheinland-Pfalz 3.8.2012 – 9 SaGa 6/12, NZA-RR 2013, 15; LAG Baden-Württemberg 30.1.2008 – 10 Sa 60/07, NZA-RR 2008, 508; LAG Hamm 14.4.2003 – 7 Sa 1881/02, NZA-RR 2003, 513; Staub/Weber, § 74a Rn 3; MüKo-HGB/­v. Hoyningen-Huene, § 74a Rn 33; Preis/Stoffels, Arbeitsvertrag, II W 10 Rn 29, 32; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn 333; Willemsen/Grau, RdA 2003, 321, 326; Diller, NZA 2005, 250, 251; Tschöpe/Hiekel/Hund, Teil 2 F Rn 26b; Clemenz/Kreft/Krause/Klumpp, AGB-Arbeitsrecht, § 307 Rn 270; a.A. Däubler u.a., Anhang zu § 307 BGB Rn 74; differenzierend Koch, RdA 2006, 28 ff.
[1820] LAG Baden-Würtemberg 30.1.2008 – 10 Sa 60/07, NZA-RR 2008, 508; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn 353 f.; Diller, NZA 2005, 250, 251; differenzierend Koch, RdA 2006, 28 ff.
[1821] LAG Hamm 14.4.2003 – 7 Sa 1881/02, NZA-RR 2003, 513; Preis/Stoffels, Arbeitsvertrag II W 10 Rn 29, 32; MüKo-HGB/v. Hoyningen-Huene, § 74a Rn 33; Clemenz/Kreft/Krause/Klumpp, AGB-Arbeitsrecht, § 307 Rn 270; a.A. Däubler u.a., Anhang zu § 307 BGB Rn 74; Koch, RdA 2006, 28 ff.
[1822] BAG 28.6.2006 – 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157; LAG Baden-Württemberg 30.1.2008 – 10 Sa 60/07, NZA-RR 2008, 508; LAG Hamm 4.11.2008 – 14 Sa 818/08, juris; LAG Hamm 1.12.2009 – 14 SaGa 59/09 mit Anm. Ebeling, jurisPR-ArbR 19/2010 Nr. 5; ErfK/Oetker, § 74 HGB Rn 6; MüKo-HGB/v. Hoyningen-Huene, § 74a Rn 33; Hunold, NZA-RR 2007, 617, 618; Diller, NZA 2005, 250, 252; Straube, BB 2013, 117.
[1823] BAG 5.9.1995 – 9 AZR 718/93, AP Nr. 67 zu § 74 HGB m. krit. Anm. Henssler; BAG 21.1.1997 – 9AZR 778/95, DB 1997, 1979.
[1824] Staub/Weber, § 74 Rn 19; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn 225 f.; Preis/Stoffels, Arbeitsvertr...

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