Rz. 845

Regelmäßig wird beim Vorstandsmitglied einer AG die Vergütungszusage ebenso wie beim GmbH-Geschäftsführer in einen festen Vergütungsanteil und einen variablen Vergütungsanteil aufgeteilt. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Geschäftsführeranstellungsvertrag verwiesen werden.

Von besonderer Bedeutung für die Vorstandsvergütung ist im Vergleich zum Recht der GmbH die Regelung in § 87 Abs. 1 S. 1 AktG. Nach dieser Vorschrift, die im Wesentlichen nach der Einfügung der für börsennotierte Aktiengesellschaften geltenden §§ 87a, 120a AktG ihre Bedeutung nur noch für nicht börsennotierte Gesellschaften entfaltet,[1713] ist der Aufsichtsrat verpflichtet, bei der Vereinbarung der Vergütung dafür zu sorgen, dass die Gesamtbezüge des Vorstandsmitgliedes in einem angemessenen Verhältnis zu seinen Aufgaben und zur Lage der Gesellschaft stehen.[1714] Die Verletzung dieser Verpflichtung berührt zwar nicht die Wirksamkeit des Anstellungsvertrages oder der vertraglichen Vergütungsabrede,[1715] kann aber sowohl zu Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen die Aufsichtsratsmitglieder nach den §§ 116, 93 Abs. 2 AktG als auch zur Schadensersatzpflicht der begünstigten Vorstandsmitglieder aus § 93 Abs. 2 AktG führen.[1716] Schließlich verpflichtet § 87 Abs. 2 AktG den Aufsichtsrat bei einer wesentlichen Verschlechterung in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft dazu, auf eine Herabsetzung der Vorstandsbezüge hinzuwirken.[1717] Voraussetzung für die Herabsetzung der Vergütung ist, dass aufgrund der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft die Weiterzahlung der Bezüge eine Unbilligkeit für die Gesellschaft herbeiführen würde.[1718] Bei Vorhandensein mehrerer Vorstandsmitglieder ist deren Vergütung unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gleichmäßig herabzusetzen.[1719] Die Herabsetzung erfolgt durch Beschluss des Aufsichtsrates, der den Bestand des Anstellungsvertrages ansonsten unberührt lässt. Allerdings steht dem Vorstandsmitglied, dessen Vergütung herabgesetzt worden ist, nach § 87 Abs. 2 S. 4 AktG unabhängig von den vertraglichen Kündigungsregelungen das Recht zur Kündigung seines Anstellungsvertrages mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres zu. Die Regelung des § 87 Abs. 1 und 2 AktG betreffen nicht die Formulierung der Vergütungsregelung im Vorstandsvertrag, sondern lediglich die erstmalige Festsetzung der Höhe der Bezüge i.S.v. § 87 Abs. 1 AktG bzw. deren nachträgliche Herabsetzung.

Für börsennotierte AG ist beginnend ab der ersten Hauptversammlung, die auf den 31.12.2020 folgt (vgl. § 26j Abs. 1 EAktG), ergänzend § 87a AktG zu beachten, der den Aufsichtsrat verpflichtet, ein transparentes System der Vorstandsvergütung zu schaffen, das die in § 87a Abs. 1 Nrn. 1 bis 11 AktG aufgeführten Mindestangaben enthalten muss. Das vom Aufsichtsrat entwickelte Vergütungssystem bedarf der Zustimmung der Hauptversammlung nach § 120a AktG. Die einem Vorstandsmitglied tatsächlich gewährte Vergütung muss dem von der Hauptversammlung gebilligten Vergütungssystem entsprechen. Ergänzt wird diese Verpflichtung durch die dem Vorstand und dem Aufsichtsrat nach § 162 AktG obliegende Verpflichtung, jährlich einen klaren und verständlichen Bericht über die im vergangenen Geschäftsjahr den Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat gewährten Vergütungen zu erstellen, im Rahmen der Abschlussprüfung prüfen zu lassen und in den Grenzen des § 162 Abs. 4 AktG zu veröffentlichen.[1720]

Zu berücksichtigen sind daneben die Empfehlungen zur konkreten Ausgestaltung und Höhe der Vergütungen von Vorstandsmitgliedern in der Neufassung des DCGK unter G.1 bis G.16.[1721] Den Ausgangspunkt der Empfehlungen bildet die sog. Maximal-Gesamtvergütung, die sich aus allen festen und variablen, bei hundertprozentiger Zielerreichung erzielbaren Vergütungsbestandteilen zusammensetzt und den Höchstbetrag der Belastung der Gesellschaft aus der Vorstandsvergütung für ein Jahr umfasst. Die Maximal-Gesamtvergütung soll in üblicher Höhe für jedes Vorstandsmitglied festgesetzt werden. Die langfristige variable Vergütung soll höher sein als die kurzfristige variable Vergütung und an operativen und strategischen Zielen orientiert sein. In den Vergütungsvereinbarungen sollen Regelungen aufgenommen werden, die es dem Aufsichtsrat ermöglichen, bei außergewöhnlichen Entwicklungen Vergütungsanpassungen vorzunehmen, insbesondere variable Vergütungen einzubehalten oder zurückzufordern (sog. "clawback-Klausel").[1722]

 

Rz. 846

Von besonderer Bedeutung sind die Empfehlungen des DCGK für Abfindungszahlungen bei vorzeitigen Ausscheiden eines Vorstandsmitgliedes. Diese sollen nach der Empfehlung G.13 – wie bisher – begrenzt werden und den Wert von zwei Jahresvergütungen nicht überschreiten (Abfindungs-Cap) sowie nicht mehr als die Restlaufzeit des Anstellungsvertrages vergüten. Sie sollen darüber hinaus zukünftig bei Bestehen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes auf die Karenzentschädigung angerechn...

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