Rz. 319

Geringfügige Beschäftigung ist auf den ersten Blick eine sozialversicherungs- und steuerrechtliche Thematik. Wird ein Beschäftigungsverhältnis nach § 8 Abs. 1 SGB IV begründet, werden die Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer pauschal abgeführt.

Eine geringfügige Beschäftigung kann in zwei Erscheinungsformen vorliegen:

Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV handelt es sich um eine geringfügige Beschäftigung, wenn das Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 EUR nicht übersteigt;
Eine geringfügige Beschäftigung liegt auch dann vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 EUR im Monat übersteigt (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).

Nach § 8 Abs. 2 SGV IV sind bei der Anwendung des Abs. 1 mehrere geringfügige Beschäftigungen oder eine geringfügige Beschäftigung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung zusammenzurechnen. Das gilt nur nicht für die zeitlich zuerst begründete geringfügige Beschäftigung nach Nr. 1 neben einer nicht geringfügigen Beschäftigung.

 

Rz. 320

 

Beispiel

1. Der A ist bei der X-GmbH als Saisonkraft für 50 Tage beschäftigt. Die Vergütung beträgt 300 EUR. Zudem ist er bei der Y-GmbH regelmäßig als geringfügig Beschäftigter mit einer Vergütung von 200 EUR als Bote tätig.
2. Der B ist bei der X-GmbH mit 20 Stunden pro Woche teilzeitbeschäftigter Schlosser. Er arbeitet zudem bei der Y-GmbH als Hausmeister mit einer monatlichen Vergütung von 390 EUR.

Im ersten Fall sind die Beschäftigungen zusammenzurechnen. Die sozialversicherungs- und steuerrechtliche Privilegierung entfällt. Im zweiten Beispiel ist die geringfügige Beschäftigung als erste geringfügige Beschäftigung privilegiert. Würde der B jedoch eine weitere geringfügige Beschäftigung ausüben, würde diese mit der Vollzeitbeschäftigung zusammengezählt werden.

 

Rz. 321

 

Praxistipp

Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sollte im Arbeitsvertrag des geringfügig Beschäftigten (siehe unten Rdn 371) der Arbeitnehmer verpflichtet werden, den Arbeitgeber über anderweitige Arbeitsverhältnisse zu unterrichten. Zu beachten ist jedoch, dass nach der Rechtsprechung des BAG die unterbliebene Unterrichtung des Arbeitgebers über eine anderweitige Tätigkeit den Arbeitnehmer zwar grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet. Zu dem zu ersetzenden Schaden gehören jedoch nicht die Arbeitgeberanteile der Beiträge zur Sozialversicherung, die der Arbeitgeber nachentrichten muss. Anderweitige Vereinbarungen wären nichtig.[650] Die Versicherungspflicht tritt nach § 8 Abs. 2 S. 3 SGB IV jedoch in einem solchen Fall erst mit der Bekanntgabe der Feststellung durch die Einzugsstelle oder den Träger der Rentenversicherung ein.

 

Rz. 322

Zu unterscheiden sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse von Beschäftigungsverhältnissen in der so genannten "Gleitzone". Bei diesen in § 20 Abs. 2 SGB IV geregelten Beschäftigungsverhältnissen, in denen das Arbeitsentgelt zwischen 450,01 EUR und 850 EUR im Monat liegt, bestehen ausnahmslos sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten.[651] Arbeitsrechtlich handelt es sich um "normale" Teilzeitarbeitsverhältnisse.

Sofern ein Fall geringfügiger Beschäftigung vorliegt, hat dies zunächst nur steuer- und sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen. Es sind jedoch ggf. auch bei der Gestaltung des Arbeitsvertrages Besonderheiten zu beachten.

[651] Vgl. Minn, DB 2015, Beil. 6, 1; Griese/Preis/Kruchen, DB 2013, 113.

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