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Die Rechtsnatur eines Berufsausbildungsverhältnisses ist umstritten. Während ein Teil der Literatur annimmt, das Berufsausbildungsverhältnis stehe einem Arbeitsverhältnis gleich,[4] meinen andere, dass im Berufsausbildungsverhältnis das Erziehungselement überwiege und, weil es sich um ein Vertragsverhältnis eigener Art handele, arbeitsrechtliche Vorschriften auf das Arbeitsverhältnis nur eingeschränkt Anwendung finden könnten.[5] Das BAG geht von einem Mischcharakter aus.[6] Ob arbeitsrechtliche Vorschriften außerhalb des Berufsbildungsgesetzes auf ein Berufsausbildungsverhältnis Anwendung finden, muss nach Meinung des BAG im Hinblick auf die jeweilige Rechtsfrage und den Zweck des Gesetzes, um dessen Anwendung es geht, entschieden werden. Überwiegen bei der zu prüfenden Rechtsfrage die Elemente des Erziehungsverhältnisses, sind nach Ansicht des BAG die arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht auf das Berufsausbildungsverhältnis anwendbar.[7] Demnach ist bei der Prüfung, ob die gesetzlichen Vorschriften, die auf Arbeitsverhältnisse Anwendung finden, auch für Berufsausbildungsverhältnisse gelten, danach zu fragen, ob sie vom Schutzzweck auch den Auszubildenden als Vertragspartner des Ausbildenden erfassen oder aufgrund der Erziehungselemente eines Berufsausbildungsverhältnisses auf das Vertragsverhältnis unanwendbar sind. Im Bereich der Haftung des Auszubildenden gibt es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Abweichungen von den Grundsätzen, die in einem Arbeitsverhältnis gelten. Der Auszubildende haftet – wie jeder Arbeitnehmer – für Vorsatz und Fahrlässigkeit unter Beachtung der vom Großen Senat des BAG entwickelten Beschränkungen[8] bei Arbeiten, die durch den Betrieb bzw. durch den Ausbildenden veranlasst sind.[9] Auch dann, wenn der Auszubildende aus Anlass der Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit bei einem Beschäftigten desselben Betriebes einen Schaden verursacht, haftet er nach den gleichen Regeln wie ein Arbeitnehmer.[10] Verhaltensweisen, die zu den Besonderheiten des Berufsschulbetriebes gehören, unterfallen nicht dem Begriff der "betrieblichen Tätigkeiten" und unterliegen dementsprechend auch nicht den vom BAG entwickelten Haftungseinschränkungen bzw. den Grundsätzen der eingeschränkten Haftung nach den §§ 105 f. SGB VII.

[4] U.a. Zöllner/Loritz/Hergenröder, § 5 IV 2.
[5] U.a. BAG 21.9.2011 – 7 AZR 375/10, NZA 2012, 255; Leinemann/Taubert, § 10 BBiG Rn 6 m.w.N.: ErfK/Schlachter, § 10 BBiG Rn 3.
[6] U.a. BAG 17.8.2000 – 8 AZR 578/99, AP Nr. 7 zu § 3 BBiG.
[7] U.a. BAG 17.8.2000 – 8 AZR 578/99, AP Nr. 7 zu § 3 BBiG.
[8] BAG GS 27.9.1994 – GS 1/98 (A), BB 1994, 2205; BAG 18.4.2002 – 8 AZR 348/01, MDR 2002, 1439.
[9] Wohlgemuth/Banke, § 13 BBiG Rn 30.

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