Rz. 571

Eine gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss einer Wiedereingliederungsmaßnahme besteht für beide Vertragsparteien in der Regel nicht.[1173] Begründet wird dies zum einen mit dem Wortlaut des § 74 SGB V, nach dem Versicherte und Arbeitgeber eine stufenweise Wiedereingliederung vereinbaren "können", ohne dass eine Verpflichtung beider Parteien begründet wird, und darüber hinaus auch aus dem Willen des Gesetzgebers.[1174] Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann der Arbeitgeber aber gegenüber einem Schwerbehinderten oder einem Arbeitnehmer, der einem Schwerbehinderten gleichgestellt ist, nach § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IX verpflichtet sein, ihn im Wege einer stufenweisen Wiedereingliederung zu beschäftigen, wenn eine ärztliche Bescheinigung vorliegt, die neben der attestierten Arbeitsunfähigkeit einen Wiedereingliederungsplan über die aus ärztlicher Sicht zulässige Arbeit enthält. Die ärztliche Bescheinigung muss zudem eine Prognose darüber enthalten, ob und wann mit einer Wiederherstellung der vollen oder teilweisen Arbeitsfähigkeit zu rechnen ist.[1175] Verletzt der Arbeitgeber gegenüber einem Schwerbehinderten oder gleichgestellten seine Pflicht nach § 164 Abs. 4 S. 1 SGB IX, z.B. durch Weigerung des Abschlusses einer Wiedereingliederungsvereinbarung oder Durchführung derselben, kann er sich gegebenenfalls gegenüber dem Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig machen.[1176] Betriebsvereinbarungen über die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements können Verpflichtungen des Arbeitgebers zum Abschluss einer Wiedereingliederungsmaßnahme enthalten.

[1173] Moll/Glaser, § 24 Rn 23; Schaub/Linck, ArbR-Hdb, § 98 Rn 13.
[1174] Reg.-Begründung, BT-Drucks 11/2237, 192; Moll/Glaser, § 24 Rn 24; Fittner/Poeche, Personalhandbuch, Rehabilitation (berufliche) Rn 10; offen gelassen: Nebe, DB 2008, 1803, 1804; a.A. LAG Hamm 4.7.2011 – 8 Sa 726/11, juris.

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